Gesund alt werden: So schaffst du die beste Lebensqualität für dein älteres Pferd

Wenn dein Pferd bei dir alt wird, gibt es viele wunderschöne Aspekte: Ihr kennt euch in- und auswendig. Die gemeinsamen Abläufe sind vertraut und ihr wisst genau, woran ihr beieinander seid. Aber so wie das Miteinander über die Jahre immer eingespielter wird, gibt es im Alltag einige neue Herausforderungen. So kann sich zum Beispiel der Futterbedarf deines Pferdes deutlich verändern.

In diesem Beitrag erfährst du,

  • woran du merkst, dass dein Pferd alt wird
  • wie du das Training an das Alter deines Pferdes anpasst
  • was sich verändert, wenn dein Pferd älter wird
  • mehr über den besten Ratgeber, dein Bauchgefühl (und wie du übst, es besser zu hören)
  • wann es Zeit ist, das Training zu beenden

Woran merkst du, dass dein Pferd alt wird?

Der Alterungsprozess deines Pferdes passiert nicht von einen Tag auf den anderen. Meine Beobachtung ist, dass Pferde nicht gleichmäßig alt werden. Alt werden ist kein Prozess, der eines Tages beginnt und dann kontinuierlich voranschreitet. Wie bei uns Menschen auch, kann es sein, dass man je nach Lebensumständen schon früh alt aussieht und dann um Jahre verjüngt wirkt, wenn sich etwas ändert. Und auch alte Menschen haben unterschiedliche Tagesformen, die von vielen Faktoren abhängen. 

Nichtsdestotrotz gibt es einige Anzeichen dafür, dass dein Pferd älter wird. Du merkst, dass deinem Pferd an manchen Tagen Dinge schwerer fallen, als an anderen. Dass es mehr Zeit zum Aufwärmen braucht. Oder dass es die regnerischen Tage nicht mehr so gut wegsteckt wie früher und sich jetzt eingedeckt wohler fühlt als früher.

Eines der Pferde, das ich bereits seit Beginn meiner Selbstständigkeit begleiten darf, ist jetzt 24 Jahre. Er hatte schon immer die Angewohnheit, plötzlich beiseite zu springen. Vorletztes Jahr war er für seine Verhältnisse ungewohnt brav. Seine Besitzerin machte sich Sorgen, dass er nun langsam wirklich alt würde.. Glücklicherweise brachte eine andere Futterzusammensetzung den Umschwung. Auch heute macht er noch aus dem Nichts einen beeindruckenden Satz zur Seite, wenn er etwas wahrgenommen hat, das sich unseren Sinnesorganen entzieht. 

Ich erzähle dir diese Geschichte, um zu zeigen, dass das Altern nicht linear verläuft. Manchmal gibt es Einbrüche, bei denen du denkst, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um dein Pferd aus dem Training zu nehmen. Dann erholt es sich wieder und ist fitter als zuvor. 

Es gibt aber auch die Ereignisse, bei denen das Pferd erkrankt und danach wirklich stark gealtert ist. Die Krankheit zu besiegen, hat es viel Energie gekostet. Und manchmal passiert das Älterwerden ganz allmählich: Dein Pferd braucht etwas länger zur Regeneration und fühlt sich auch unter dem Sattel erst später geschmeidig an. 

Jedes Pferd wird auf seine Art älter. Für diese Zeit gibt es keinen Masterplan. Du entscheidest jeden Tag aufs Neue, was deinem Pferd gut tut, und was nicht. Wichtig ist, dass du das Management deines Pferdes anpasst.

Dinge, die sich ändern können, wenn dein Pferd älter wird:

  • Es braucht eine Decke, obwohl es früher nie eine gebraucht hat.
  • Es nimmt bei gleicher Nährstoffversorgung ab. Die Futterrationen müssen angepasst und ergänzt werden.
  • Nach Anstrengungen, die es früher so weggesteckt hat, braucht es jetzt eine längere Erholungsphase.
  • Osteopathische Behandlungen wirken länger nach. Dein Pferd braucht mehrere Tage, bis es die Behandlung “verarbeitet” hat.
  • Möglicherweise musst du die Haltungsform ändern oder die Herde wechseln. Wenn es z.B. in seiner Gruppe nicht mehr vernünftig ans Heu kommt, weil es nicht mehr so ranghoch ist, kann es hilfreich sein, sich eine Gruppe zu suchen, in der die Gruppenzusammensetzung besser zu deinem Pferd passt. Oder in der es mehr Futterplätze gibt. Natürlich ist so ein Umzug auch immer mit Stress verbunden, da gilt es individuell abzuwägen, was die beste Lösung ist.

Wie passt du das Training an das Alter deines Pferdes an?

Wenn du merkst, dass dein Pferd älter wird und ihm manche Dinge schwerer fallen, wird es Zeit das Training anzupassen. Die Menschen, mit denen ich arbeiten darf, sind zum Glück eher zu früh besorgt, ob ihr Pferd die Anforderungen noch leisten kann, statt dass sie unzufrieden mit seiner Leistung werden und zu viel verlangen.

Die Herausforderung für den Pferdebesitzer ist es, abzuwägen, wie viel von welchem Training dem geliebten Pferd gut tut. Ist es zu wenig, baut es ab, ist es zu viel, überforderst du es. Das kann insbesondere, wenn schon eine Athrose oder andere Vorschädigungen vorhanden sind, zu Problemen führen kann.

Grundsätzlich gilt – wie bei Menschen – Wer rastet, der rostet. Beim Training gilt es, die Persönlichkeit deines Pferdes miteinzubeziehen. Hast du ein Pferd, das immer alles gibt? Dann musst du seine Stimme der Vernunft sein. Oder hast du es mit einer eher gemütlichen Persönlichkeit zu tun? Dann musst du eher als zumindest etwas fordernder Anti-Aging-Trainier auftreten.

Wichtig ist, zu beobachten, wie dein Pferd am Tag nach dem Training verhält: Ist es steifer als sonst oder läuft schlechter, war es im Training wohl etwas zu viel. (Aber auch hier gibt es andere Faktoren, die zu einem “schlechteren Tag” führen können wie z.B. plötzliche Temperaturwechsel, neue Pferde in der Herde. Auch hier gilt es, das große Ganze im Blick zu behalten um hilfreiche Rückschlüsse auf das Training deines Pferdes zu erhalten.

Erstarre also nicht im Angesicht des weißer werdenden Gesichts deines Pferdes, sondern sei ein aufmerksamer Beobachter und sei beweglich in den Lösungsstrategien. Um das richtige Maß für dein Pferd zu finden, darfst du Ausprobieren. Und dabei ist es normal, mal ein bisschen zu wenig und mal ein bisschen zu viel zu machen. Allgemein gilt, dass die Tagesform beim älteren Pferd oft stärker schwankt als bei jüngeren Pferden.

Wie kannst du das Training deines älteren Pferdes variieren?

Auch alte Pferde können noch hervorragend neue Dinge lernen. Wenn du und dein Pferd zum Beispiel noch nie Arbeit an der Hand gemacht haben, ist das eine hervorragende Möglichkeit, die Pferd gewichtslos zu gymnastizieren. (Hast du Lust, Arbeit an der Hand zu lernen ? Dann schau gerne bei meinem Onlinekurs “Wundermittel Handarbeit” vorbei.)

Ein paar ganz besondere Pferdepersönlichkeiten habe ich erst mit 20plus kennengelernt. Ihre Besitzer hatten den Eindruck, dass es den Pferden gut tun würde, nochmal andere Trainingsansätze auszuprobieren. Auch in diesem Alter ist eine positive körperliche Entwicklung noch ohne weiteres möglich. Der Sattel eines “Seniors” musste in knapp einem Jahr um insgesamt 2 Kammerweiten geweitet werden. Wenn du dir über die muskuläre Entwicklung und das Trainingskonzept nicht sicher bist, traue dich unbedingt, auch mit deinem älteren Pferd nochmal was Neues auszuprobieren!

Natürlich gilt das auch für kleine Kunststücke etc. Hier sind aber nicht alle Übungen für die älteren Semester geeignet. Wenn du dir nicht sicher bist, ob eine Übung, wie z.B. das Kompliment, gut für dein Pferd ist, kläre das am besten vorher mit deinem Tierarzt oder Osteopathen. (Oft haben ältere Pferde nicht die notwendige Fitness und Beweglichkeit, um diese Übung auszuführen.)

Tut es deinem Pferd gut, lange Schritt zu gehen? Dann empfehle ich dir, es eher spazieren zu führen als es lange Schritt zu reiten. Sonst “hängst” du buchstäblich noch zusätzlich in seinem Rücken, ohne dass es den Brustkorb gymnatisch sinnvoll anhebt.

Und natürlich kannst du dir auch ganz entspannt Zeit für Wellnesstage nehmen. Ausgiebig putzen und massieren genießen die Oldies ja oft besonders intensiv.

Der beste Ratgeber, dein Bauchgefühl

Ich bin sicher, dass du das beste Bauchgefühl für dein Pferd hast. Besonders, wenn es bei dir alt geworden ist, kennt ihr euch ja In- und Auswendig. Wenn du dich auf das verlässt, was dein Bauch dir sagt, kann eigentlich nichts schief gehen. 

Es gibt nur zwei Stimmen, die manchmal lauter sein können als deine innere Stimme. Das ist zum einen die Angst, dass du zu wenig machst und dein Pferd dann abbaut. Zum anderen die Sorge, zu viel zu machen und es zu überfordern. Beide Stimmen zeigen ja, wieviel dir dein Pferd bedeutet. Da ist es manchmal schwierig, richtig herauszuhören, was dein Bauchgefühl dir sagen will.

Mir hilft es da, sich die unterschiedlichen Anteile wie echte Personen vorzustellen, die mit einem die Lage besprechen. Da sagt die Sorge dann z.B.: “Aber wenn es mit dem Galoppieren dann zuviel ist für ihn?” und die Angst sagt “Aber es muss ja auch was tun, damit er nicht abbaut.” Dein Bauch weiß aber, dass das an dem Tag gut funktionieren wird. 

Gerade bei alternden Pferden denkst du beim Training immer mehr nach. Das geht oft zu Lasten der Freude auf dem Pferderücken (die ja auch viel mit Sorglosigkeit zu tun hat). In der Lebensphase deines Pferdes, in der es dir vielleicht noch bewusster ist als sonst, dass eure gemeinsame Zeit endlich ist, und deinem Pferd jetzt manche Dinge schwerer fallen als früher, finde ich es noch wichtiger als sowieso, dass du dich über das Bemühen deines Pferdes freust.

Ich bin überzeugt davon, dass die Pferde genau spüren, wie viel Freude es uns macht, etwas mit ihnen zu unternehmen. Völlig unabhängig von Reitweise etc. ist die Freude das, was bei den Pferden unmittelbar ankommt und sie motiviert. Wir Menschen wissen ja, dass wir Gymnastizieren, um die Pferde fit und gesund zu erhalten. Die Pferde fühlen sich bei gutem Training hinterher bestimmt auch besser. Anders als wir wissen sie beim Trainieren nicht  “das ist jetzt aber gut für meinen Rücken”, sondern sie merken als erstes, dass wir uns freuen. Deswegen mach deinem Pferd die Zeit mit dir so schön wie möglich, in dem du dich unabhängig von seiner Tagesform darauf konzentrierst, worüber du dich freuen kannst!

Wann ist es Zeit, das Training zu beenden?

Ich hatte neulich ein sehr gutes Gespräch mit meiner Osteopathin über den richtigen Zeitpunkt, das alte Pferd nicht mehr zu trainieren, obwohl es dann schneller abbaut und vielleicht nicht mehr so alt wird. Sie sagte, dass sie bei ihrem alten Pferd gemerkt habe, dass er keine Lust mehr auf das Training gehabt hätte. Früher war er immer noch motiviert, etwas zu unternehmen, auch wenn es ihm mit zunehmendem Alter nicht mehr so leicht gefallen ist. Das hat sich verändert. Als sie das merkte, hat sie entschieden, ihn nur noch auf der Weide laufen zu lassen. 

Eine Aussage meine Mutter – sie ist Tierärztin – finde ich in dem Zusammenhang auch hilfreich: Sie sagt, dass die Tiere kein Gefühl für die Dauer ihres Lebens haben, sondern für die Lebensqualität. Wenn ihr beide noch eine gute Zeit gemeinsam habt, auch wenn ihr nur vermeintliche Kleinigkeiten miteinander macht, ist das großartig. Wenn du merkst, dass du dich zunehmend zum Training mit deinem Pferd “aufraffen” musst, wird es Zeit, genauer hinzuschauen.

Ich bin sicher, du findest für dich und dein Pferd den richtigen Weg!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Marie-Christin Zurbrüggen von Herzenshundfotografie für die Fotos! Mehr zu mir als Ausbilderin findest du unter www.kristina-janssen.com. Trag dich hier gerne für meinen Newsletter ein, dann verpasst du keine Horsemindset-Neuigkeiten mehr!

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