Schellfisch mit Düsseldorfer Senfsahne, dazu in Altbier-Pastella ausgebackener Chicorée
Veröffentlicht: April 6, 2011 Abgelegt unter: Kulinarik, Niederrhein | Tags: Altbier, bolten, Chicorée, Frühling, mostert, Niederrhein, pastella, schellfisch, schikoree, senf, uralt 9 KommentareNiederrheinischer Frühling, Teil 2. Kochfisch in Senfsauce klingt reichlich altmodisch, muffig, bieder – und so gar nicht frühlingsfrisch. Und seit wann ist das andere Ende der Zichorienwurzel eine regionale Spezialität?
Ursprünglich wurde durch das Garen in kräftigem Sud und das Tränken in deftiger Tunke sicherlich der eine oder andere Zweifel an der Frische des zu verarbeitenden Meeresbewohners getilgt. Kühlketten kannten unsere Vorfahren schlicht nicht – und bis so ein Tier von der holländischen Küste an den Rhein gelangte, gingen vor Zeiten einige Tage ins Land. Ich verwende das schwanzwärtige Drittel eines im Nordatlantik mit Langleinen gefangenen und MSC zertifizierten Dorschfamilienmitglieds. Beim Fischhändler habe ich ihm zuvor tief in die Augen geschaut – frischen Blicks freute er sich auf mich.
Witlof (weißes Laub) ist limburgisch für Schikoree – die Belgier haben’s als erste gezüchtet. Nachbarn. Effizienzorientierte Calvinisten machten also dieses ganzjährig verfügbare, in geschlossenen Systemen gezogene Gemüse populär. Die leicht bittere Note passt dazu. Ich mag es als Rohkost, aber ausgebacken in Bierteig nach Pastellaart ist es eine Delikatesse, wie ich hier beschrieb. Statt Wasser nehme ich die hiesige Ressource Altbier, genauer Bolten Uralt. Dessen malzige Note macht die Geschichte rund und bildet gleichsam eine Brücke über den Rhein, in die ungeliebte Landeshauptstadt. Wenn von dort auch nicht viel Gutes kommt – Senf machen können die Hochnasen. Ich habe stets ein Mostertpöttchen von ABB zur Hand.
Während also der Fisch im zuvor gekochten Sud (Wasser mit Zwiebel, Lorbeer, Piment, Wacholder, Pfeffer und wenig Salz) garzieht – ja, ich weiß, dass Dämpfen die kontemporäre und schonendere Methode wäre – koche ich Senf mit Sahne und Prisen von Zucker und Salz auf. Mit etwas Fischsud wird die Konsistenz reguliert, Schaum schlage ich nicht. Stattdessen rundet etwas Zitronenabrieb diese perfekte Blitzsauce ab. Crunchigen Chicorée und ausgelösten Fisch auf Mostertspiegel anrichten – dazu trinke ich eine Riesling-Silvaner-Cuvee von Haub. Wohlsein!
Nachtrag 1: Mit Frühling hat das insofern zu tun, als dass die ganzjährige Verfügbarkeit der Zutaten in den ersten Frühlingstagen aus der Bredouille rettet, dass es kaum etwas Frisches zu kaufen gibt (Stand Mitte März).
Nachtrag 2: Die bisher fehlende Erklärung, warum nördlich der Benrather Linie weniger geredet wird als beispielsweise in der Domstadt, hängt übrigens mit der geringeren Anzahl an Konsonanten zusammen und dem kaum vorhandenen musikalischen Talent. Rheinischer Singsang findet sich bei uns Provinzlern kaum. Außerdem gibt es auf dem Land einfach nicht so viel zu erzählen wie in urbanen Regionen.
Total unterschätzter Fisch, dieser Schellfisch. Dabei schmeckt er so super. Die Senfsauce sieht übrigens auch klasse aus. Werde ich vielleicht bald mal nachbauen.
Eht datt auch mit nem richtigen Bier?
Da fehlt´n „G“
Ein J fehlt, kein G.
@nata
Bei mir gehört er zum Standardrepertoire. Die Senfsauce habe ich entschlackt – keine Mehlschwitze wie bei Muttern – und das Ergebnis ist formidabel!
@claus
Kölsch kommt mir nicht in die Küche! 😉
@azestoru
Definitiv „j“
Herzerfrischend, wie Du dies zunächst als muffig diskreditierte Gericht vorstellst. Und vollends hingerissen bin ich von der beiläufigen Erwähnung des ABB-Töpfchens. Seit ich ihn anlässlich einer rheinischen Hochzeit auf einem Vierseithof nächst Jena (ja, nicht verlesen) entdeckte und auf die Nachfrage, was das denn für ein Senf sei, die Antwort „der einzig wahre“ bekam, jage ich ihm hinterher, denn hier gibt es ihn nicht.
Meine Senf-Dealerinnen: http://www.qype.com/place/3049-Gewuerzhaus-Altstadt-Duesseldorf
@afra
ich freue mich, dir eine freude bereitet zu haben. nun weiß ich ja um ein passendes tauschobjekt…
Wir scheinen einen ähnlichen Geschmack zu haben. Mindestens beim Senf und Bier liegen wir gleichauf. Nochmals Danke für deine Teilnahme.
Danke für das schöne Event!