“Das schwierige an Prognosen ist, dass sie die Zukunft betreffen” hat Mark Twain gesagt. Vergleichen wir die Studien und Untersuchungen, die landauf landab die Schlagzeilen beherrschen, so lässt sich über sie mit Sicherheit nur eins sagen: Sie treffen nicht ein. Das stört aber keinen. Besonders eklatant ist das bei den Panikmachern des Club of Rome zu beobachten. Aber alleine auf weiter Flur sind sie damit nicht.
Die Freunde der offenen Gesellschaft fühlen sich bekanntermaßen dem Erbe Karl Poppers verpflichtet. Und der war – wie übrigens auch F.A. v. Hayek auch – ein großer Wissenschaftstheoretiker.
Das ist letztlich die Königsdisziplin der Geisteswissenschaft. Hier wird definiert, nach welchen Regeln sie funktioniert. Poppers größtes Vermächtnis, das Falsifikationskriterium ist allerdings vollständig in Vergessenheit geraten. Und das ist einer der wesentlichen Gründe für die Irrwege, die wir in Wissenschaft und Politik heute gehen.
Dabei ist der Anspruch denkbar einfach. Erkenntnisse müssen in Hypothesenform stets so formuliert werden, dass sie falsch sein können. Bis zu ihrer endgültigen Wiederlegung gelten sie allenfalls als bewährt nie aber als unumstößliche Wahrheit.
Besonders leicht fällt der Test bei Hypothesen, die als Prognosen daher kommen. Die braucht man dann nur mit den realen Ereignissen in Einklang zu bringen, um ihr Eintreffen zu überprüfen.
Und dann kommt erschreckendes heraus: Vom Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsweisen über die Wachstumsprognose der Bundesregierung, der OECD oder des IMF, das Waldsterben, die Verbreitung der Seuche Aids, die Schweinegrippe, die Bevölkerungsentwicklung, die Endlichkeit der Ölreserven, die Entwicklung der Durchschnittstemparatur bis hin zum berühmten Report des “Club of Rome”: “die Grenzen des Wachstums” lässt sich nur eine Konstante entdecken: Das Ergebnis der Prognose ist noch nie in der Realität eingetroffen.
Das hindert die “Wissenschaftler” aber nicht, ständig neue Szenarien zu entwerfen, die Journalisten nicht, diese zu veröffentlichen ohne sie in Frage zu stellen und die Politiker nicht, sie für bare Münze zu nehmen und gleich vollsubventionierte 20-, 30 oder 40 Jahrespläne zu entwerfen und diese in die Realität umzusetzen.
Die Wohlfahrtsverluste, die die Menschheit dabei erleidet, sind immens und wahrscheinlich sogar höher als der von den Prognostikern einst vermutete Schaden. Gestern konnte man lesen, dass in Nordrhein-Westfalen eine Aluhütte in die Insolvenz ging. Grund: die explodierenden Stompreise (die allerdings auch an der unerhörten Geldvermehrung liegen). Und die Lufthansa beziffert die Mehrkosten durch Zertifikatehandel, Passagiersteuern und vergleichbaren Unsinn auf 700 Mio. €, das doppelte des im ersten Quartal gemachten Verlust. Auch der zweite deutsche Carrier, Air Berlin, steht nicht besser da.
Das sind nur Symptome. Wenn eine ganze Volkswirtschaft nach dem falschen Kriterium (CO²-Minimierung) ausgerichtet wird, entwickelt sie sich auch in die falsche Richtung.
Es ist nicht nur etwas falsch im Staate Dänemark, sondern in der gesamten westlichen Welt, wenn vermutlich falsche Methoden und Verfahren einfach immer weiter fort geschrieben werden, statt endlich zuzugeben, dass die Glaubensbekenntnisse der Vergangenheit auf Sand gebaut waren.
7 comments
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9. May 2012 at 12:05
Sebastian Theophil (@stheophil)
Sie verwechseln hier wissenschaftliche Hypothesen und politische Handlungsempfehlungen und stellen an letztere unmögliche Anforderungen.
Natürlich stellen Wissenschaftler (hoffentlich in den meisten Fällen) falsifizierbare Hypothesen auf und testen diese: Korreliert die Temperatur der Erde in der Vergangenheit mit dem CO2-Level, ja oder nein? Und dann kann man diese Hypothesen testen und lernt für eine einzelne Detailfrage etwas über eine Korrelation. Stellt man die Fragen geschickt, kann man manchmal Hinweise auf Kausalitäten erkennen.
Alle Probleme, die sie anreißen, haben eins gemeinsam: Sie lassen sich nicht insgesamt experimentell beantworten, weil man mit der Erde eben keine Versuche machen kann. Deshalb können wir nur die Vergangenheit als natürliches Experiment untersuchen oder kleine Detailprobleme experimentell untersuchen.
An dieser Stelle hat die Wissenschaft ihre (verdiente) Arbeit geleistet und wir müssen daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Auch Prognosen sind keine Wissenschaft mehr sondern der imperfekte Versuch, aus vielen einzelnen Ergebnissen (Sonnenstrahlung, CO2-Ausstoß, CO2-Aufnahme der Meere usw) ein unsicheres Bild der Zukunft zu entwickeln.
Umgekehrt unterliegen Sie allerdings dem logischen Fehlschluss, das Prognosen in der Vergangenheit nicht falsch waren, nur weil sie nicht eingetroffen sind. Das kann auch bedeuten, dass sie richtig waren und die politsche Handlungsempfehlung ihren Zweck erfüllt hat.
Mit einem haben sie natürlich trotzdem Recht: Wenn schon die Zukunft unsicher ist, sollten wir jetzt unseren Wohlstand klug investieren und uns mit den effektivsten Maßnahmen zuerst auf die Zukunft vorzubereiten. Das hat auch den Vorteil, dass wir die Effektivität z.B. Energieeinsparungen vs Photovoltaik jetzt schon vollständig bemessen können.
9. May 2012 at 13:16
euckenserbe
Poppers Falsifikationskriterium ist die einzige Möglichkeit, überhaupt in Wissenschaft und Wirtschaft und Politik einen Ansatz zu finden, der die Identifikation von bewährten oder falschen Handlungsweisen erlaubt. Ob das tatsächliche oder nur scheinbare Wissenschaft ist, sei dahingestellt und ist für meine Hypothese unwesentlich.
Wesentlich ist, dass augenscheinlich Methoden und Theorien, die sich als grundsätzlich falsch erwiesen haben, weiter angewendet und behauptet werden und das in einem quasi-wissenschaftlichen Prozess.
nehmen wir den Club of Rome. Obwohl nichts vom Ursprungsbericht “Grenzen des Wachstums” hat sich bewahrheitet:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/spotlight/welterfolg_mit_fehlprognosen/
Und das liegt gewiss nicht daran, dass die Aussagen des Berichts befolgt worden wären.
Beispiel Klimawandel: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,71456,00.html
Stimmt auch nicht so ganz. Und angeblich sind wir doch so böse und reduzieren immer noch nicht genug CO².
Und so weiter. Können wir uns in der politischen Diskussion das leisten. NEIN.
10. May 2012 at 18:31
Jaquento
Da es keine adequateMöglichkeit einer Falsifikation nach Popper gibt lässt noch nicht darauf zurückschließen das Kilmawandel usw. Hirngespinste sind. Der Erkenntnisstand der Wissenschaft ist auch nicht statisch, sondern entwickelt sich weiter. Also Prognosen vor Jahren/Jahrzehten gemacht wurden, galten diese ausgehen vom damaligen Erkenntnisstand als akkurat. Im Nachhinnein diese Prognosen zu verurteilen, weil sie nicht exakt eingetreten sind ist unlauter, da man hinterher immer schlauer ist und eine Prognose ist immer nur so gut wie die Daten auf der sie basiert (garbage in, garbage out).
Da die Prämissen unter denen die Prognosen gemacht wurden fehlerbehaftet weil unvollständig sind, lässt sich eine Falsifikation nach Popper nur schwer konstruieren. Und die Prämissen entwickeln sich weiter, mit jedem Artikel der publiziert wird, mit jeder politischen Aktion.
Trotzdem, falsche Prämissen können trotzdem zu hinreichend korrekten Ergebnissen führen.
So reicht es im Alltag meist Raum und Zeit als absolut anzunehmen, wenn eine Berechnung nach Einstein (Raum und Zeit relativ) zu keinem qualitativ besserem Ergebnis führt. Nach Popper wäre eine Rechnung nach Newton trotzdem falsch, weil Einstein die Prämisse “raum und zeit sind absolut” falsifiziert hat.
10. May 2012 at 22:15
euckenserbe
Nö. Eine Prognose war dann falsch, wenn das vorhergesagte Ergebnis nicht eintrifft. As simple as that. Wenn Prognosen per se nicht eintreffen, haben sie keinen Erkenntniswert und sind vollständig zweckfrei. Niemand zwingt jemanden, eine konkrete Prognose abzugeben.
Selbstverständlich sind Prognosen per se unmöglich, weil derjenige, der sie abgibt, sich lediglich anmaßt über das entsprechende Wissen zu verfügen, das er nicht haben kann.
Wer eine entsprechende Prognose abgibt, muss sich allerdings gefallen lassen, entsprechend kritisiert zu werden. Für die Gesellschaft sind diese vermeintlichen Besserwisser fatal, weil die Gesellschaft regelmässig damit konfrontiert wird, dass die Vorhersagen nicht eintreffen und die Anstrengungen, die Staat, Bürger und Unternehmen aufwenden, hohe Kosten verursachen ohne irgend jemand zu nützen.
12. May 2012 at 17:23
carrowman
Hätte man das doch vorher gewusst, nicht wahr?
Im nachhinein sich hinzustellen und zu sagen “Eure Prognosen waren mist!” ist unfair. Hinterher ist man immer schlauer.
Und was soll per se heißen? Du nimmst also als gegeben hin das Prognosen nicht eintreffen?
Also schön, blasen wir weiter CO2 in die Atmosphäre weil unsere Wissenschaftler zu doof sind um Prognosen zu machen und setzen wir weiterhin auf WACHSTUM! weil wir keine Ahnung haben wann und ob uns das Öl udn andere Rohstoffe ausgehn.
Bleiben wir also in der Starre, nach dem Motto “nach uns die Sintflut.”
I don’t want to live on this planet anymore!
Ich sage ja nicht das wir auf Teufel komm raus anfangen sollen CO2 neutral zu leben, aber wir sollten uns darauf vorbereiten das wenn die Polkappen einschmelzen und das wir wirtschaftliche Alternativen zum Öl entwickeln, BEVOR uns das Crack der Industrienationen ausgeht. Allein schon um Massenunruhen und -sterben zu vermeiden.
13. May 2012 at 11:45
Rayson
Das ist offensichtlich nicht unvernünftiger, als das Gegenteil anzunehmen.
23. May 2012 at 20:47
carrowman
Genau, Rayson.