Hundstage

Zurück von der „Emerald Island“. Im glücklichen Irland erhält man auf die Frage, wie das Wetter sein wird regelmäßig die Antwort: „Ask me in an hour and I will tell you!“ Die Insulaner im Land der „Fourty Shades of Green“ dürfen sich in diesen Tagen glücklich schätzen. Es regnet immer mal wieder und die Tagestemperaturen steigen zur Zeit kaum über 20 Grad Celsius.

Wieder zu Hause empfängt mich ein inzwischen „arid“ zu nennendes Pulheim. Die einzigen Tropfen, die man hier seit über acht Wochen fallen hören kann, sind die „Tränen und der Schweiß“ der Gärtner und Bauern, die um das Überleben ihrer Pflanzen fürchten. Glaubt man den Wetterprognosen soll dieses Wetter noch bis Mitte August anhalten.

Obwohl ich auch der zu erwartenden Trockenheit wegen bereits vor Wochen auf meinen Grünfächen nicht nur den Bienen und Hummeln zuliebe auf einen Golfrasenschnitt verzichtet habe, färben sich in meinem Garten die Rasen und Wiesenflächen in ein trauriges Ockergelb.  Die noch vor meinem Urlaub  vor allem von Hummeln  geschätzte Kleewiese zeigt keine Spur mehr von Grün. Niederschläge und Abkühlung sind in den nächsten Tagen nicht in Sicht.

Die „Caniculares“ – die Hundstage- bezeichnen schon in der spätlateinischen Zeit die heißen Tage des Hochsommers. Benannt werden sie so, weil die Sonne in dieser Zeit beim Hundsstern im Sternbild des Großen Hundes steht, das wir heute mit dem Wort „Sirius“ benennen. Und schon in der „Mainauer Naturlehre“ aus dem 14. Jahrhundert ist überliefert, dass „danne die lûte versmahtent sint von hitzen unde von durrekeit“.

Da drängt sich ja doch die Frage auf: War das schon immer so, oder empfinden wir subjektiv im Zeitalter der intensiven Klimaforschung und des Wissens über den menschengemachten Treibhauseffekt Wetterlagen wie diese als Vorboten einer dräuenden Klimakatastrophe?

Die aktuelle Dürreperiode ist ja nicht das einzige Wetterphänomen, das Grund zur Sorge gibt. Die ersten lokalen katastrophlen Unwetter für dieses Jahr haben wir hier vor Ort schon hinter uns. In Pulheim-Geyen ist Anfang Juni ein „monsunartiger“ Starkregen niedergegangen, der statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vorkommt, wie die örtliche Zeitung schrieb. Mit von einem befreundeten Landwirt gemessenen 72 Litern auf den Quadratmeter Niederschlag war die örtliche Kanalisation total überfordert. Zahlreiche Keller in meiner Nachbarschaft sind vollgelaufen, weil das Wasser nicht mehr abgeführt werden konnte. Aber auch diesbezüglich hat es solche „Wolkenbrüche“, als „grosze erschröckliche wasserflüte oder wolkenbruste“ immer schon gegeben.

Selbst so beängstigende Wetterphänomene wie  die 20 bis 60 Tornados, die sich hier in Deutschland jedes Jahr bilden, sind nichts wirklich Neues an der Wetterfront. Nur hießen sie früher anders: Wirbelstürme! Der älteste in Deutschland bekannte Tornado der Kategorie F5 ereignete sich 1764 in der Ortschaft Woldeck in Mecklenburg. Solche Supetornados reißen Holzhäuser von ihren Fundamenten und zerlegen sie. Sogar asphaltierte Straßen können vom Boden „gesaugt“ werden. 1582 zerstörte ein Wirbelsturm der Kategorie (F4) die Stadt Rockhausen (Thüringen) fast gänzlich. Stärker und verheerender sind nur noch die tropischen F6 Wirbelstürme.

Ist also der Klimawandel nur ein Produkt einer verzerrten Wahrnehmung und eine medial geschürte Hysterie? Extreme Wetterereignisse und eine jahreszeittypische regionale Witterung haben nicht unbedingt einen Aussagewert bezüglich des Klimas.

Die Antwort des Deutschen Wetterdienste zerstreut jegliche Zweifel. Da schaut man sich Wetter und Witterungsverhältnisse großräumiger und langfristiger an. Und in der Tat beängstigend sind die starke Zunahme solcher Wetterkatastrophen in den vergangenen Jahrzehnten.

Die Winter werden kürzer und nässer, die Zahl der monatlichen Wärmerekorde steigt kontinuierlich. 2017 war schon ein Jahr der Extreme: „Mit 9,6 Grad Celsius (°C) war das Jahr 2017 um 1,4 Grad wärmer als der Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Bezogen auf die spätere Vergleichsperiode 1981 bis 2010 betrug die Abweichung +0,7 Grad. Damit gehört auch 2017 zu den acht wärmsten Jahren seit Beginn regelmäßiger Temperaturmessungen 1881.“

Das aktuelle Jahr wird das möglicherweise noch toppen. Allein in diesem Jahr gab es bereits zwei Monatstemperaturrekorde seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Gestern habe ich mal für mehr Schatten bei meinen Bienenstöcken gesorgt. Zwar sind die Immen ausgezeichnete Klimatechniker, was die konstante Erhaltung der Stockwärme betrifft. Aber an solchen Hundstagen wie heute freuen sich meine Bienen sicherlich auch über jede Erleichterung. Eine Bienentränke in der Nähe des Stocks macht es den Bienen ebenfalls leichter, die Stocktemperaturen zu regeln.

Aber solche imkerlichen Maßnahmen sind nicht das eigentliche Problem. Die Varroabehandlung und die Einfütterung für den Winter lassen sich verschieben.

Was mir mehr Sorgen macht, ist dass bereits im letzten Winter meine Bienen bis in den November hinein geflogen sind, was neben den mäßigen Temperaturen vor allem an dem reichen Spättrachtangebot an Senf und Senfrauke lag. Das Phänomen habe ich in meinem Text „Senf passt nicht zu allem“ dargestellt.

Doch nicht nur Veränderungen in der Vegetation durch die Landwirtschaft sollte man als Imker und Naturfreund kritisch sehen. Der Klimawandel mit zunehmender Hitze in der Vegetationsperiode und der Verschiebung der größten Niederschlagsmengen in das Winterhalbjahr bringt Stresssituationen für die Bäume und Sträucher mit sich.

„Künftig eignen sich einige Baumarten nicht mehr für bestimmte Standorte oder es kommen neue Arten hinzu“, meint die Forstverwaltung Köln. Um auf die neue Situation vorbereitet zu sein, hat man bereits jetzt ganz in meiner Nähe den Klimawald Köln, der aus sechs so genannten Einarthainen besteht. Auf quadratischen Flächen von 50 mal 50 Metern wachsen ausgewählte Gehölze, die besonders trockenheitsresistent sind. So will man heute schon die Eignung neuer Baumarten unter Kölner Standortbedingungen testen.

Auf einer Fläche von 1,5 Hektar wachsen Mehlbeere (Sorbus aria), Walnuss (Juglans regia), Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa), Flaumeiche (Quercus pubescens), Küstentanne (Abies grandis) und Elsbeere (Sorbus torminalis). Als Nektarlieferanten und Pollenspender bieten diese Gewächse allesamt nur ein mäßiges bis schlechtes Angebot, bzw. sind als typische Windbestäuber für unsere Insekten gänzlich uninteressant.

Solches nur auf den ersten Blick proaktives Handeln sehe ich kritisch. Statt alles zu tun, die Klimaveränderung zu bremsen oder sogar zu stoppen, suggeriert man mit solchen Pflanzungen subtropischer Neophyten die Folgen des Klimawandels seien nicht umkehrbar, unvermeidlich und nicht steuerbar. Wen wundert es da, wenn man sieht, dass die in Köln ansässigen Autokonzerne Ford und Toyota dieses Projekt „Waldlabor“- im Rahmen einer Kampagne „Plant for the Planet“ initiiert haben. „Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besteht darin, die Sicherung der Mobilität mit der Sicherung einer lebenswerten Umwelt zu vereinen. “ heißt es dazu auf der Internetseite der Stadt Köln.

Darum geht es also: „Sicherung der Mobilität“, womit man ja beim Kerngeschäft der Autobauer wäre. Statt unser klimaschädliches Mobilitätsverhalten zu verändern tauschen wir einfach unsere regionale Natur gegen eine andere aus, die mit unserem fragwürdigen Umweltverhalten kompatibler ist. Wenn das so einfach wäre!

Gerade der Verkehrssektor heizt dem Klima gewaltig ein. Ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen CO2 geht auf das Konto des Verkehrs. 84 Prozent stammen direkt aus den Auspuffen von Autos, Lastwagen und Motorrädern. Wen wundert es noch, dass man gerade diese Seite solche Antworten auf ein globales Problem gibt.

Das kommt raus, wenn man die Böcke zu Gärtnern macht. Schon im Mittelalter hat man allzugroße Hitze dafür verantwortlich gemacht, dass Menschen zu „närrischen Aufzügen und wunderlichen Redensarten“ neigen, wenn sie „die Hundstage reiten“.

Über den Klimawald der Stadt Köln

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