Jahresrückklick 2021

Hatten wir dieses Jahr nicht schon?
2021 war wie 2020, zumindest was Meister Corona betraf. Es gab einen zweiten dramatischen Herbst und entgegen vieler Erwartungen einen vierten Lockdown. Dennoch war das nicht der Grund, warum’s in diesem einzigen Jahr gleich drei österreichische Bundeskanzler gab. So viele wie für mich Covid-19 Impfungen.
Dann gab es 2021 etwas, das für mich völlig neu war. Sehr wichtige, sehr nahestehende Menschen starben. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen.
Jetzt fängt 2020 zum dritten Mal an. Wie jedes Jahr drehe ich mich noch einmal um. Gemeinsam mit euch und den alten Fragen von Okka Rohd und anderen, neuen von mir.

Ein Moment aus 2021, den du dir aufheben wirst?
Die letzte Woche im Leben meiner Mama auf der Palliativstation. Wir hatten die Chance und die Gelegenheit Abschied zu nehmen. Das klingt ganz nett, aber damals an ihrem Bett, hat es mich vor Schmerz fast in zwei Stücke gerissen. Meine letzten Worte an sie waren: „Bis morgen.“
Meine vorletzten: „Ich hab dich lieb.“

Welche Entdeckung hast du in diesem Jahr gemacht?
Dass in vielen Enttäuschungen etwas neues Gutes steckt. Mein 40. Geburtstag fiel auf einen Lockdown. Das hieß: Keine Party, nicht mal eine ganz kleine. Da Skifahren in Österreich aber selbst während einer Zombie Apokalypse erlaubt ist, hat mein Mann mich zu meinem Geburtstag kurzerhand mit einem Skitag überrascht. Unvergesslich.
Oh Mann, ich bin tatsächlich 40!

Was hast du über dich herausgefunden?
Dass ich es überlebe, wenn meine Mama stirbt.

Worin bist du weitergekommen?
Man hört das immer ganz oft und jetzt habe ich es selbst erlebt: Ich habe heuer viel verdauen müssen, aber der Schmerz hat mich weitergebracht. Ich denke sogar, ich habe endlich gelernt Dinge aushalten zu müssen und auch zu können. Ich hatte weniger Selbstmitleid.

Was hast du noch nicht geschafft? Was wirst du tun, um es zu schaffen – oder ist das schon in Ordnung so?
Wie in den Jahren zuvor habe ich noch immer nicht zu studieren begonnen. Zumindest war ich dieses Mal bereits angemeldet. Wenn auch nur kurz. Mein Leben ist bummvoll und eine Ausbildung zur Psychotherapeutin ist intensiv. Ich tüftle noch, wie ich es doch hinbiegen könnte. Oder ob ich’s noch weiter aufschieben kann. Jedenfalls ist der Plan noch nicht so abgehakt, wie ich dachte.

Ein Ort, den du dieses Jahr für dich entdeckt hast?
Ich war jahrelang auf keinem Friedhof mehr. Heuer musste ich dann gleich zweimal hintereinander hinter einem Sarg hergehen, in denen zwei meiner liebsten Menschen lagen. Als ich den Namen meiner Mama dann am Grabstein las, wurden meine Beine weich. Das fühlte sich so falsch an.

Worauf warst du stolz? Bei dir – bei anderen?
Ich war stolz auf mich, weil es beruflich wahrscheinlich mein bestes Jahr war. Ausgerechnet in diesem privat sehr schlimmen Jahr. Ich war stolz auf meine Kinder, meine Familie und meinen Papa, der sehr stark geblieben ist.

Wie geht´s deinem Körper? Und deinem Herzen?
Ich habe die Pandemie bis dato ohne Corona überstanden. Dafür mit 3 Impfungen. Die Nebenwirkungen steigerten sich mit den Impfungen. Kurz vor Weihnachten hatte ich zwei entzündete Zahnwurzeln. Am 20. Dezember musste ein Zahn gezogen werden.
Meinem Herzen geht’s grundsätzlich gut. Ich bin zufrieden und dankbar. Ich merke aber schon, dass alle große Emotionen noch immer etwas gedämpft sind.

Was (oder wen) hast du vermisst?
Die Mamas. Jemanden, der mir mal die Verantwortung abnimmt. Konzerte, Partys, Anstand (in der Politik), Mitgefühl (die Menschen sind gefühlt gerade weniger empathisch) und Unbeschwertheit. Vor allem Unbeschwertheit.

Wenn du am 1. Januar so viel Geld gewinnen würdest, dass du ein ganzes Jahr nicht arbeiten müsstet und machen könntest, was immer du möchtest – was würdest du tun?
Ich würde mir eine kleine Wohnung in Piran nehmen oder in Paris. Und ich würde an einem kleinen Tisch mit Blick aufs Meer und das Treiben der Stadt ein Buch schreiben. Dazwischen würde ich barfuß durch die Altbauwohnung tanzen. (Das habe ich letztes Jahr geschrieben und ich würde es immer noch so machen.)

Was soll sich nächstes Jahr ändern?
Es soll weniger gestorben werden. Weniger Pandemie. Weniger Hass. Weniger Spaltung. Es soll wieder mehr menscheln. Es soll mehr nachgedacht werden. Mehr zusammengehalten.

Haare kürzer oder länger?
Ich mach wie immer halblang.

Wenn 2020 ein Gebäude wäre, dann welches?
Eine Pyramide.
Das ist eine Grabstätte und gleichzeitig ein imposantes Denkmal, von dem man heute nicht mehr weiß, wie es damals jemand errichten hat können. Gebaut für die Ewigkeit. Unvergessen.

Was hätte dir verdammt gerne so richtig am Arsch vorbeigehen dürfen (und tat es dann doch nicht)?
Neben der Pandemie und dem Sterben? Ein altes Leiden rund um Respekt, Akzeptanz und heilige Kühe.

Hast du eine Ahnung, warum diese Sache (oder dieser Mensch) so lange in dir herumrumort hat?
Das hat viel mit meiner Einstellung zu mir selbst zu tun.

Wenn du das Jahr auf eine Waage legst – links den ganzen Blödsinn, Ärger, die Enttäuschungen und Anstrengungen, rechts das Schöne, das Glück, die Freude und Zufriedenheit – zu welcher Seite würde sie sich neigen? Oder würde sich beides die Waage halten?
Die Waage würde in beide Richtungen sehr stark ausschlagen. Wobei ehrlicherweise das Schlechte vielleicht überwogen hat. Oder nein, sagen wir so: Die schlechten Brocken waren größer. Insgesamt wogen die vielen kleinen Glückchens schwerer. Und ich hatte das Glück, das so zu empfinden.

Was würdest du von 2020 gerne wiederholen?
Den 30. September. Den Sommerurlaub. Die Lesezeit. Die Venus. Nochmal in den Olymp der Kreativen aufgenommen werden. Mama urmarmen. Ein Anruf von ihr. Den Sommer. Die Schwiegermutter drücken. Sie noch einmal besuchen.

Dein Lieblingsbuch heuer?
„König Alkohol“ von Jack London. „Trotzdem Ja zum Leben sagen“. „Unter Menschen“ und „Neujahr“ Juli Zeh. „Vati“ von Monika Helfer. „Stay away from Gretchen“ von Susanne Abel. War das schon eines?

Ein Plan für 2021?
Abnehmen, mehr Sport, mehr Geld.
Haha, Spaß beiseite! Ich habe keine Pläne, das Leben passiert ohnedies.

Der beste Rat dieses Jahr?
„Kümmere dich um die Lebenden.“

Was rufst du 2021 zum Abschied nach?
Immer noch hier?

2 Gedanken zu “Jahresrückklick 2021

    1. Zumindest was Corona und die Einschränkungen betrifft, ja. Ich hoffe an anderen Stellen wird das Jahr besser. Alles Liebe!

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