Gewinnabschöpfung in der Stromerzeugung nach StromPBG


(Gesetzesentwurf – Stand 29.11.2022)

München, den 6.12.2022

Der Ausschluss für Klimaschutz und Energie berät heute, den 6.12.2022 in einer öffentlichen Sitzung über die geplante Strompreisbremse . Mit dem Entwurf des Strompreisbremsegesetzes sollen die wesentlichen Inhalte der EU-Notfallverordnung 2022/1854 umgesetzt werden. Der Entwurf sieht unter anderen eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen für Stromerzeugungsunternehmen vor. Mit der Abschöpfung der Zufallsgewinne sollen die Letztverbraucher entlastet werden, die durch die gestiegenen Gaspreise am meisten betroffen sind.

In erster Linie bezieht sich die Abschöpfung auf Mehrerlöse, die den Stromerzeugungsunternehmen zufließen, weil die Produktionskosten anderer Kraftwerke aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine unerwartet schnell gestiegen sind („Merit Order Effekt“ auf alle Erzeugungsanlagen). Um einen Ausgleich zu schaffen und die umfangreichen Hilfspakete für die Letztverbraucher teilweise zu finanzieren, werden diese Kraftwerke im Zeitraum vom 30.11.2022 bis mindestens 1.07.2023 einen Teil ihrer Zufallsgewinne abführen müssen.

Die Regelungen zur Gewinnabschöpfung sollen vorerst bis zum 1.07.2023 gelten, mit einer Verlängerungsoption bis zum 31.12.2024. Die Bundesregierung wird bis zum 31.05.2023 über die Notwendigkeit der Verlängerung entscheiden.

Welche Stromerzeugungsunternehmen sind betroffen?

Betroffen sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 1 MW. Kleinanlagen sind vom Anwendungsbereich der Abschöpfungsregelungen ausgenommen. In dieser Hinsicht entspricht der Gesetzesentwurf den Vorgaben der EU-Notfallverordnung. Erfasst sind: Erzeuger Erneuerbarer Energien, Betreiber von Kernkraft- und Braunkohlenkraftwerke sowie Abfallverbrennungsanlagen und Anlagen zur Verwertung von Raffinerie-Rückständen.

Nicht betroffen sind hingegen: Stromerzeugungsanlagen, die ihren Strom überwiegend vom leichten Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Biomethan, Steinkohle, Gichtgas, Hochofengas, Kokereigas oder Sondergasen aus Produktionsprozessen der Chemieindustrie und der Rußindustrie produzieren.

Um den Anstieg der Gasverstromung in Deutschland zu verhindern, sind Steinkohlekraftwerke von der Gewinnabschöpfung nicht erfasst.

Daher: Betreiber von Erneuerbare-Energie-Anlagen und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, deren Leistung 1 MW nicht übersteigt, werden ihre Zufallsgewinne nicht abführen müssen.

Wie funktioniert die Gewinnabschöpfung?

Die betroffenen Kraftwerke werden zukünftig 90 % der erwirtschafteten Mehrerlöse an ihre Netzbetreiber abführen müssen. Für die Berechnung der Höhe der „Überschusseinkünfte” sollen die Stromerzeugungsunternehmen zwischen zwei Abrechnungsarten entscheiden können:

  • Offenlegung von Verträgen für einzelne Kraftwerke – diese Abrechnungsmethode gilt jedoch nur für bereits abgeschlossene Verträge, um rechtsmissbräuchliche Umgehung durch kreative Gestaltung neuer Verträge auszuschließen. Für Neuanlagen können hingegen auch neue Verträge angesetzt werden – diese Ausnahme hält der Gesetzgeber für unbedingt erforderlich, um die Einrichtung neuer Anlagen zu fördern. Auf den berechneten Betrag wird ein Sicherheitszuschlag von 3 ct / kWh angerechnet.
  • Geltendmachung tatsächlicher Mengen und Preise – die Höhe der Überschusseinkünfte ergibt sich hier aus den Referenzerlösen, die unter Heranziehung der stündlichen Strompreise berechnet werden. Von diesem Betrag werden der Sicherheitszuschlag in Höhe von 3 ct / kWh und die Referenzkosten (multipliziert mit der Strommenge) abgezogen, um den Energieerzeugungsunternehmen den “sicheren Gewinn” zu gewährleisten.

Den auf diese Weise berechneten Betrag melden die Stromerzeugungsunternehmen ihrem Anschlussnetzbetreiber. Die Überschusseinkünfte sind quartalweise bis zum 15. des fünften Monats nach Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums (an den Netzbetreiber) zu zahlen.  Aufsichtsbehörde ist die Bundesnetzagentur.

Kraftwerkebetreiber dürfen 10 % ihrer Zufallsgewinne behalten, damit die Stromerzeugung weiterhin wirtschaftlich attraktiv bleibt. Durch den Abzug des Sicherungszuschlags von 3 ct / kWh (bei beiden Abrechnungsmethoden) soll die Kontinuität der Stromerzeugung sichergestellt werden. Trotz Abschöpfung sollen die Anlagenbetreiber lukrative Gewinne erzielen können, um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.

Korrektur durch Absicherungsgeschäfte

Im Rahmen der Abschöpfung können früher abgeschlossene Geschäfte, sog. Termingeschäfte, zugunsten der Kraftwerke berücksichtigt werden. Zweck dieser Regelung besteht darin, eine zusätzliche finanzielle Belastung der Stromerzeugungsunternehmen zu vermeiden, die ihr Strom bereits im Vorfeld der Energiekrise verkauft haben – zu damals geltenden, niedrigeren Preisen.  Hier wird es unterschieden zwischen Geschäften, die vor dem 01.11.2022 abgeschlossen wurden und solchen, die nach diesem Termin unterzeichnet wurden.

Bezüglich der vor dem 01.11.2022 abgeschlossenen Geschäfte sind genaue, nachvollziehbare Preisangaben zu machen, die zusätzlich von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden müssen. Liegen diese Informationen vor, kann der Referenzpreis durch tatsächliche Ist-Kosten ersetzt werden. Bei zukünftigen Termingeschäften können abweichende Preise dann berücksichtigt werden, wenn der Verpflichtete genaue Angaben zu den Produkten, der Menge und dem Zeitpunkt des Geschäfts macht. Ausgangspunkt für die Berechnung sind dann die gültigen Börsenpreise.

Überschusseinkünfte bei anlagebezogener Vermarktung

Bei anlagebezogener Vermarktung können statt Referenzkosten die tatsächlich angefallenen Kosten der Anlage angesetzt werden, soweit der Vertrag vor dem 01.11.2022 geschlossen wurde oder es sich um eine nach diesem Zeitpunkt neu errichtete Anlage handelt. Der Sicherheitszuschlag liegt hier bei 1 ct / kWh.

Fazit

Die geplante Abschöpfung von Zufallsgewinnen soll in erster Linie für Verteilungsgerechtigkeit und Sicherung der Stromversorgung sorgen. Dahingegen werden die Regelungen scharf kritisiert. Die Kritiker wenden ein, dass eine Abschöpfung von fiktiven, teilweise in der Vergangenheit liegenden Erlösen gegen die EU-Vorgaben verstößt und den freien Wettbewerb auf dem Energiemarkt behindert. Ob die verfolgten Ziele mit der Abschöpfung trotzdem realisiert werden können, bleibt abzuwarten. Wir bleiben am Thema dran und halten Sie auf dem Laufenden.

Ewa Nawolska
Associate

Michael Hill
Partner

Ein Gedanke zu „Gewinnabschöpfung in der Stromerzeugung nach StromPBG

  1. Pingback: Preisbremsegesetze sind veröffentlicht! Zuteilung zur Notversorgung startet ab morgen! | Blog der ensight Legal Tax Consulting

Hinterlasse einen Kommentar