42 Ansichten zu Warten auf den Fluss

Im Sommer 2016 zog Barbara Köhler für zwei Monate nach Castrop-Rauxel, als eine Art Schmuckeremit: in die bewohnbare Skulptur »Warten auf den Fluss« der Rotterdamer Künstlergruppe Observatorium, um dort auf die seit Jahren nicht mehr vorbeifließende Emscher zu warten.
Aus ihrem Warten, Beobachten und Betrachten sind 43 Neunzeiler entstanden, ein Buch, das von Deindustrialisierung und ›Renaturierung‹ spricht, von der örtlichen Brache und einem toten Fluss, dessen Geschichte und Geschichten, von Realitäten und Utopien, von Landschaften und Technik, einer von Menschen immer wieder neu gemodelten Geografie.
Gespräche mit anderen Besuchern und den Machern der Skulptur hinterließen fremdsprachige Spuren im Text, lassen ihn zu einer Bewegung zwischen Sprachen geraten, zwischen falschen Freunden und richtig hilfreichen Missverständnissen, zwischen kruder Beschreibung und poetischer Reflexion werden Grenzen fließend, dass Unerwartetes eintreten kann.

»42 Ansichten zu Warten auf den Fluss« ist ein leichtfüßig dichter Text über das Warten, das Fließen, die Zeit, den Tod – und natürlich auch über das Ruhrgebiet, über den möglichen, unmöglichen Umgang der Menschen mit Natur.

Wäre Warten eine Beschäftigung? Oder grade das Gegenteil davon?
Tut man nichts? Man tut doch nicht nichts: Man wartet. Man war-
tet und tut nichts. Sitzt, schaut:
Nicht, dass man nichts täte.
Nichts, das man lieber täte?
Doch gefragt sein könnte weniger was man tut; was man tun kann,
könnte, was vielleicht noch zu machen wäre – was Maschinen z.B.
noch nicht machen können. Wozu wir gut wären. Noch gut. Was wir
gut machen, wir können – was wir wiedergutmachen könnten, wozu.

Ließe sich von RUHRGEBIET reden, ohne dass da Schwarzweißbilder
mit den Vorstellungen eines vergangenen Jahrhunderts entstehen?
Fast blickdichte Rußfilter, durch die die Gegend trüb erscheint
– und das nicht nur von außen; von innen wären es Bilder heroi-
scher Zeiten, die auch längst passé sind, verflossen. Sätze, in
denen Subjekt und Objekt unzweifelhafte Plätze einnehmen, Namen
und Rollen bestimmte waren, sind gesagt: die Vorstellungen, die
Feststellungen. Für hier aber und gegenwärtig gelten noch keine
fertigen Sätze, nicht mehr; gäb es eine Sprache für die Brache?


Barbara Köhler, »42 Ansichten zu Warten auf den Fluss«
Originalausgabe
96 Seiten, Englische Broschur, Fadenheftung
€ 18,– inkl. MwSt
ISBN 978-3-902951-28-1
Erschienen im August 2017


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