Geschönte Arbeitsmarktdaten

Geschrieben von: am 05. Mrz 2013 um 18:27

Laut amtlicher Statistik waren im Februar 3,156 Millionen Menschen arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit und die Regierung bezeichnen die Zunahme der Erwerbslosenzahl um 18.000 im Vergleich zum Januar als gering und den Arbeitsmarkt insgesamt als robust. Doch nach wie vor werden nicht alle Menschen, die tatsächlich ohne Job sind, auch als arbeitslos gezählt. Hier trickst die Behörde im Auftrag der Bundesregierung.

Seit Beginn der 90er Jahre hat die Politik immer wieder Bereinigungsinstrumente eingeführt und bestimmte Gruppen so aus der Statistik verbannt. Arbeitslose, die älter als 58 Jahre oder kurzfristig erkrankt sind, die einen Ein-Euro-Job erledigen müssen oder sich in einer Weiterbildungsmaßnahme befinden, werden nicht mehr mitgezählt. Seit 2009 werden auch jene nicht mehr offiziell erfasst, deren Arbeitslosigkeit von privaten Jobvermittlern verwaltet wird. Zusammengenommen beläuft sich die Gruppe der Aussortierten oder Unterbeschäftigten, wie es bei der Behörde heißt, auf derzeit 811.166 Personen. Dennoch werden die aktuell gemessenen Zahlen gern mit der Zeit von vor 20 Jahren verglichen.

Würde man ehrlich zählen, käme eine Arbeitslosenzahl von 3.967.408 heraus. Hinzu kommen 567.000 Menschen ohne Job, die von sich aus auf den Gang zum Arbeitsamt und auf ihren Leistungsanspruch verzichten. Hier spricht die Behörde von einer stillen Reserve, die allenfalls am Rande Erwähnung findet.

Damit ist klar, dass Arbeitslosigkeit nicht reduziert worden ist. Stattdessen hat neben der Statistiktrickserei eine Verschiebung innerhalb der Beschäftigungsarten stattgefunden. Es gibt heute weniger Vollzeitstellen als vor 20 Jahren, dafür mehr prekäre Beschäftigung im Teilzeit- und Minijobbereich. Das ist eine Entwicklung, die kaum als robust im Sinne von nachhaltig bezeichnet werden kann.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. fb1994  März 5, 2013

    Bin vollkommen deiner Meinung. Durch Trickserei bei den Statistiken kann man so seine Politik besser verkaufen, und ein neues „Jobwunder“ verkaufen. Aber wie will man sowas transparenter gestalten? Schwierig, und bis dahin lebe ich frei nach dem Spruch: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“ ;)

  2. retro  März 6, 2013

    Ich verstehe nur nicht, wieso das ganze noch nicht aufgeflogen ist bzw. frage mich, wann es das tut?

    Irgendwann muss man doch nur aus dem Fenster schauen, um die Wahrheit zu sehen.

    Wenn mir eine Statistik sagt, es herrscht nahezu Vollbeschäftigung und wir haben einen Fachkräftemangel, während man gleichzeit eigentlich das komplette Gegenteil davon selbst miterlebt / mitbekommt, kann doch was nicht stimmen und das sollte doch einem normalen Menschen mit Verstand auch bewusst werden.

    Da genügt auch der Blick in die „jobbörse“ auf der Arbeitsamt / Agentur Seite.
    Das sind größtenteils nur Angebote von Leihbuden. Und ob das auch wirkliche Angebote sind, bleibt zu bezweifeln. Die suchen ja eigentlich immer Leute. Und wenn dann man irgendwo was frei wird, wird man angeschrieben (Karteileichen).
    Und ich rede hier von der Umkreissuche in Süddeutschland. Wie mag das dann erst in Berlin etc. aussehen?!

  3. Sonja  März 6, 2013

    Habe noch ein paar Rechtschreibfehler korrigiert,
    bitte ersten Versuch ignorieren

    Es gibt eine weitere Gruppe Arbeitsloser, die vorsätzlich nicht mitgezählt werden: alle diejenigen Langzeitarbeitslosen (länger als 1 Jahr), die in einer Partnerschaft oder Familie leben, in der noch ein Einkommen vorhanden ist.
    Die erhalten dann nämlich kein ALG2 mehr, da sie ja in einer einem „Haushalt mit Einkommen“ wohnen. Und weil sie keine Leistung von der Arbeitsagentur erhalten werden sie nicht in der Statititik mitgezählt – obwohl offiziell als arbeitsuchend geführt. Das habe ich in meiner direkten Verwandschaft gleich zweimal. Ich wüsste gerne mal, wie hoch diese Zahl tatsächlich ist.

    Die perverse Rechnung der offiziellen Arbeitslosenzahl verlangt nämlich, dass als arbeitslos nur gezählt wird, wer ALLE KRITERIEN ERFÜLLT:

    – wird nur von der Arbeitsagentur betreut (Verweis an private Arbeitsvermittlung => raus aus der Statistik)

    – dem Arbeitsmarkt zeitlich zur Verfügung stehen (krank, in 1€-Job oder in Trainigs => raus aus der Statistik)

    – als vermittelbar eingestuft werden (zu alt, behindert oder krank, keine Ausbildung => raus aus der Statistik)

    – wer eine finanzielle Leistung von der Arbeitsagentur erhält (wenn kein Geld, weil Partner noch arbeitet und Geld verdient => raus aus der Statistik)

    Das Entfallen eines Kriteriums reicht schon, um aus der Statistik rauszufliegen!
    Das ist SKANDALÖS!

  4. Antje  März 7, 2013

    unter dem Namen Sybilla wird schon seit vielen Jahren der
    dreiste Betrug mit den Arbeitsmarktzahlen aufgearbeitet:
    http://www.politik-sind-wir.de/showthread.php/609-Aktuelle-Analysen-zur-Lage-der-Nation?s=31f304f8dccecd3cf05068452a4a549c&p=112720&viewfull=1#post112720

    Aber Betrug auf höchster Staatsebene scheint – egal wer dran war oder ist – ein völlig normaler Vorgang zu sein:
    http://blog.rentenreform-alternative.de/griffe-in-die-rentenkasse-fadenscheinige-begrundungen/

    Was also tun? Montagsdemos? Raus aus dem Netz und auf die Straße? Oder gehören solche Überlegungen schon zur Ruhestörung der öffentlichen Ordung und kann deshalb durch staatlich ausgeführte Gewalt geahndet werden?