Terror als Mittel der Kriegsführung

Faktencheck zur russischen Invasion der Ukraine/6

Dass der Krieg gegen die Ukraine in Russland nicht als solcher bezeichnet werden darf, enthält einen wahren Kern: Was die russischen Truppen in der Ukraine anrichten, ist kein Krieg, sondern blanker Terror.

Kein klassischer Krieg

In einem Punkt hat Wladimir Putin Recht: Was seine Truppen in der Ukraine anrichten, ist kein Krieg. Es ist vielmehr an eine nicht enden wollende Serie von Terrorangriffen.

Einem Krieg liegt für gewöhnlich ein Konflikt zugrunde, etwa ein Streit über Ressourcen oder über ein Territorium, das beide Kriegsparteien für sich beanspruchen. Auch findet ein Krieg normalerweise nicht nur auf dem Gebiet einer der beiden Kriegsparteien statt.

Im Fall der russischen Aggression gegen die Ukraine haben wir es dagegen mit dem Versuch zu tun, einem Volk das Existenzrecht abzusprechen bzw. dieses mit Gewalt zu zerstören. Dafür bedient sich die russische Armee systematisch im Arsenal terroristischer Methoden.

Filtrationslager, Kindesentführungen, zerstörte Infrastruktur

 In „Filtrationslagern“ wird gezielt gefoltert, um Menschen zu brechen, Mord wird als Mittel der Abschreckung eingesetzt. Raketenangriffe sollen die Bevölkerung einschüchtern, ukrainische Kinder werden im großen Maßstab entführt und russischen Eltern übergeben, um die Russifizierung der Ukraine voranzutreiben.

Die russische Vorgehensweise in der Ukraine erinnert so eher an den Mongolensturm des Mittelalters als an einen Krieg. „Terrorsturm“ wäre der passendere Begriff dafür – wie uns auch der Duden lehrt. „Terror“ wird darin definiert als die „systematische Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen (besonders zur Erreichung politischer Ziele)“.

Mongolensturm und russischer „Terrorsturm“

Was mittelalterliche Quellen über das Vorrücken der Mongolen berichten, lässt sich denn auch fast wortgleich auf das heutige Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine übertragen. So war damals von einer „riesige[n] Metzelei“ unter den Menschen die Rede, von „verderbenschwangerem Unheil“ und von einer „Grausamkeit“, die allen, die davon hörten, „die Ohren klingen und die Herzen erbeben“ ließ.

Wie der heutige Kreml-Herrscher hatte zudem auch der Anführer der Mongolen seine Gegner durch Drohgebärden einzuschüchtern versucht. Was der selbst ernannte „Bote des Himmelskönigs“ seinerzeit dem ungarischen König mitteilen ließ, könnte so etwa auch aus dem verbalen Droharsenal des gegenwärtigen russischen Zaren kommen:

„Ich weiß, dass Du ein reicher und mächtiger König bist, viele Krieger unter Dir hast und allein ein großes Reich beherrschst. Deshalb fällt es Dir schwer, Dich mir freiwillig zu unterwerfen, doch es wäre besser für Dich und heilsamer!“

Zitate aus: Schmieder, Felicitas: Europa und die Fremden. Die Mongolen im Urteil des Abendlands, S. 29 f. und 74. Sigmaringen 1994: Thorbecke; hier entnommen aus einer Übersicht auf dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg: Die Mongolen kommen! Reaktionen in Europa, S. 2; geschichte-bw.de (PDF).

Zu den Kindesentführungen vgl. den Bericht von Conflict Observatory:

Russia’s Systematic Program for the Re-education and Adoption of Ukraine’s Children; mit einem Link zur Originalstudie (PDF)

Zu den Filtrationslagern:

Lysenko, Yana: „Filtration“: System, Ablauf, Ziele. In: Ukraine-Analysen Nr. 275 vom 29.11.2022, S. 5 – 10. Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.

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