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Kein Sushi in Franken – Rückblick auf die Rakuten / Tradoria Live 2012

1. Februar 2012

Heuer am letzten Januar-Wochenende fand die noch als Tradoria Live geplante erste „Jahrestagung“ des japanischen E-Commerce-Konzerns Rakuten nach Übernahme des Marktplatzes und Mietshopanbieters Tradoria in Deutschland statt. Mehrere hundert Teilnehmer hatten sich hierfür ins schöne Städtchen Bamberg aufgemacht, wo sie von in Geisha-Gewändern gewandten Rakuten-Mitarbeiterinnen empfangen wurden. Das war es dann aber auch schon mit japanischen Anleihen – zum Buffett gabs typisch japanische Croissants und Original Tokioter Bratwürstel mit Sauerkraut. Insofern hinterliess diese Folklore einen eher unfreiwllig komischen Eindruck, denn den eines offensiven Neustarts.

Auffällig noch einige in letzter Minute notdürftig überklebte Tradoria-Schilder. Auch der ein oder andere Rakuten- CEO / CCO / COO / CMO (und wie eigentlich profane Jobtitel in einem Weltkonzern nun mal so heissen) verhaspelte sich auf der Bühne, obwohl die Übernahme nun ja doch schon einige Monate zurückliegt, zwischen den Bezeichnungen Tradoria und Rakuten das ein oder andere Mal. Im Übrigen hätte auch der einen oder anderen Powerpointfolie ein Korrekturlesen im Vorfeld gutgetan…

Soweit die Impressionen am Rande, die aber sinnbildlich für die Hard Facts stehen können – denn die wesentliche Frage war ja nun, was für Impulse „die Japaner“ den „Tradorianern“ nun geben würden. Mit Spannung war erwartet worden, was Rakuten, ohne Zweifel in Japan ein grosser und breit aufgestellter Player, der vielleicht ein bisschen  mit Unister vergleichbar ist, mit seiner deutschen und anderen europäischen Neuerwerbung eigentlich anstellen will. Leider gab es hierzu trotz persönlichen Erscheinens von Rakuten CEO und Gründer Hiroshi Mikitani wenig Neues zu erfahren und hier scheint doch noch vieles Stückwerk.

Klar, man setzt auf Kundenservice und persönliche Händlerbetreuung, will besonders förderungswürdige Händler (im ersten Step 600 von 6000) gezielt unterstützen. Und in 2, 3 Jahren sollen Rakuten-Händler dann auch die Möglichkeit haben, die in Frankreich und UK erworbenen Preissuchmaschinen zu nutzen. Superpunkte kann man nun auf dem Rakutenmarktplatz sammeln und in Bälde kann jeder Shopbetreiber Newsletter versenden. Das Portal Rakuten.de soll auch markentechnisch bekannt gemacht werden, dafür jedoch wurden ersteinmal reichweitenstarke Werbeformen, die vielleicht nicht direkt profitable Verkäufe generieren (TV Werbung, Paketbeilagen, Coupondeals), aus dem Werbe-Mix gestrichen. Stattdessen setzt man, sicherlich richtig, aber auch wenig spektakulär, auf Re-Targeting, deutlich deckungsbeitrags-optimierte Adwords-Werbung sowie Conversion-Optimierung und SEO. Wirklich zittern werden da die Wettbewerber wohl weniger.

Wie weit der Weg „in 5 Jahren zur weltweiten Nummer 1“, den Hiroshi Mikitani gerade ausgerufen hat, in Deutschland noch ist, zeigt sich dann eher an ein paar nackten Zahlen:

6000 Händler nutzen die Plattform – immerhin. Allerdings dürften die grossen Händler Tradoria / Rakuten nur als Zusatzplattform neben anderen Marktplätzen und dem Hauptshop betreiben. Die vielen kleinen Händler sammeln bei Rakuten hingegen ihre ersten Erfahrungen im E-Commerce und dürften meist, auch wenn sie dann künftig Support von den Rakuten-Consultants bekommen, weit von ihrer ersten Millionen entfernt sein. (Das „143-Schritte auf dem Weg zur ersten Millionen“-Programm (oder so ähnlich) hat sich Rakuten zumindest plakativ auf die Fahne geschrieben)

Hieraus erklärt sich auch, dass zwar annähernd 8 Millionen Produkte gelistet sind –  aber nur knapp 2 Millionen Artikel verkauft wurden. Das umsatzstärkste Produkt (Windows 7 Betriebssystem) generierte ca 200.000 € Umsatz. Die meistverkauften Produkte lagen bei ca 2500 Verkäufen. Beide Zahlen beziehen sich wohlgemerkt auf das gesamte Jahr 2011, nicht auf einen einzigen Verkaufstag. Ob dies bei 50 Millionen Besuchern im Jahr nun viel oder wenig ist?

Insofern: Eigentlich eine ganz launige Veranstaltung mit sicherlich engagierten und freundlichen Leuten, auf der man auch den ein oder anderen Exoten und Kleinstanbieter treffen kann. Für letztere ist ein Einstieg ins E-Commerce-Geschäft bei Rakuten manchmal vielleicht wirklich der beste Weg. Auch grössere Händler können Rakuten natürlich mal mitnehmen, zumindest  so es in der Abwicklung keinen grösseren Aufwand macht.

Wie man aber aus eigener Kraft zu einem wirklichen Faktor im deutschen oder auch nur ausser-asiatischen E-Commerce werden will, auf diese  wesentliche Frage blieb die Veranstaltung denn doch Antworten offen. Der Zukauf von Anbietern die in ihren Ländern allenfalls  die Nummer 3, 4 oder 5 sind, scheint dort so hilfreich und spannend, wie in den organischen Suchergebnissen bei Google auf den Seiten 3, 4 oder 5 zu erscheinen…

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