Garcias Review: ES

ES_poster
© Warner Bros. / New Line Cinema

In den USA bricht ES gerade diverse Rekorde und hat sich dort in weniger als einer Woche den dritten Platz unter den erfolgreichsten Horrorfilmen mit einem R-Rating gesichert. Über 151 Millionen Dollar und über 66 Mio. weltweit hat Andy Muschiettis Adaption des Stephen-King-Schinkens allein in den Staaten eingespielt (Stand: 13.09.2017).

UPDATE 02.10.2017: Der Film liegt nun bei einem weltweiten Einspiel von über 553 Mio. Dollar und hat sich in den USA mittlerweile den 1. Platz unter den erfolgreichsten Horrorfilmen mit einem R-Rating gesichert. Inflationsbereinigt führt noch immer William Friedkins Der Exorzist, der inklusive Wiederaufführungen mit 917 Mio. Dollar vorerst wohl auch ungeschlagen bleiben wird. In Deutschland lief er wie zu erwarten ebenfalls sehr erfolgreich an und verzeichnete laut mediabiz.de hierzulande nach Besuchern den besten Start eines Horrorfilms aller Zeiten. Inklusive Previews brachte ES es auf 1,03 Mio. Besucher und ein Einspiel von ca. 11,6 Mio. €!

Aufgrund seiner bewegten Produktionsgeschichte – Regisseur Cary Fukunaga (True Detective) verließ das Projekt; die Produktion wurde verschoben, was wiederum dazu führte, dass Will Poulter (The Revenant) als titelgebende Figur nicht mehr dabei sein konnte – und der üblichen Debatte, ob eine Neuverfilmung notwendig sei, bin ich doch etwas überrascht, dass er SO gut läuft. Meine Vermutung ist, dass sich all die in jungen Jahren verstörten Erwachsenen, die die TV-Verfilmung in den Neunzigern als Kind sahen, nun ihren Ängsten und einer zeitgemäßen Aufarbeitung ihres Traumas stellen wollten. Darum wird der Film auch hierzulande ein Erfolg werden. Nicht nur deshalb, sondern weil sich herumgesprochen hat und weiterhin herumsprechen wird, dass er wirklich gut ist. Nicht die Offenbarung, die ihm manche Kritiker statuieren, aber ES ist ein verdammt unterhaltsamer Horrorfilm über ein paar befreundete Kids, die sich gegen ihr Elternhaus, Pennywise und den Rest der Welt behaupten – im schnörkellosen Erzählstil der Filme aus dem Jahrzehnt, in dem er spielt.

Was im Buch in den 1950er-Jahren angesiedelt ist, verlegte man für die Verfilmung in die 80er-Jahre und profitierte vom Revival, das wieder, gerade und immer noch mit Formaten wie Stranger Things in vollen Zügen ausgekostet und gefeiert wird. Und die Produktionsstudios Warner Bros. / New Line Cinema profitieren davon, dass sie so viele fantastische Titel in ihrem Katalog haben, die sie als Referenzen in den Film packen können. Im Kinderzimmer hängen Poster von Gremlins und Beetlejuice, im Kino laufen Tim Burtons Batman, Lethal Weapon 2 und A Nightmare On Elm Street 5. Ein T-Shirt von Airwolf wird ebenfalls getragen.

Die Prämisse ist wohl jedem Zweiten bekannt, ob er den Film anschauen möchte oder nicht, ob er das Buch gelesen oder die TV-Verfilmung gesehen hat oder nicht. Ein bösartiger Clown namens Pennywise personifiziert die individuelle Angst seiner Opfer und nutzt die Schwächen dieser aus, um sie dann zu töten. Der Losers Club, sieben befreundete Kinder, wollen sich dem Monster stellen. Kapitel 1, dessen Verfilmung dieser Film darstellt, befasst sich mit der Kindheit der Protagonisten.

Alles beginnt mit der berühmten Georgie-Szene, von der sicher jeder mal irgendwo irgendwie gehört hat. Und damit kommen wir auch gleich zum Besten im ganzen Film: Bill Skarsgård und seine Performance als Pennywise. Diese möchte er als eigene Interpretation des Clowns verstanden wissen und nicht als Modifizierung von Tim Currys aus der TV-Adaption. Was ihm mit Bravour gelingt. Den Unterschied in der Stimme und Betonung kann ich nicht beurteilen, da ich Tim Curry nur in der deutsch synchronisierten Fassung gehört habe, aber was Mimik und Gestik angehen, so drückt Skarsgård der Figur seinen eigenen Stempel auf. Die gespitzte Unterlippe und vor allem sein irres Schielen verleihen der Figur ihr gewisses, dämonisches Etwas.

es_02
© Warner Bros. / New Line Cinema

Die Eröffnungssequenz macht bereits klar, dass es in den kommenden 130 Minuten nicht zimperlich zugehen wird. Nicht, dass es in einer Splatterorgie ausartet, aber ich war dennoch erstaunt, wie explizit man Gewalt an Kinder veranschaulicht. Dabei verkommt die Gewalt aber niemals zum selbstzweckhaften Mittel, sondern dient dazu, die Bedrohung anschaulich zu untermalen. Leider baut Muschietti zu oft auf hektische Schreckszenen, die in ein, zwei Fällen Wirkung zeigen, aber zu inflationär eingesetzt werden. Jump Scares mögen in vereinzelten Fällen funktionieren, hindern ein spannend aufgebautes Szenario aber allzu oft, seinen gewünschten Effekt zu entfalten. Schade, denn ausgerechnet hierin besteht mein größter und eigentlich einziger Kritikpunkt: der Film hat mich an keiner Stelle gegruselt. Er hat mich erschreckt und überrascht, aber Grusel kam nie wirklich auf. Dafür gelingt es Muschietti und seinem Kameramann Chung-hoon Chung (Oldboy) dieses typisch King’sche, gleichzeitig vertraute und unbehagliche Kleinstadt-Szenario in stimmungsvollen Bildern zu transportieren, die nicht selten und gewiss auch nicht unabsichtlich an Filme wie den ebenfalls auf einem King-Werk basierenden Stand By Me erinnern.

Hin und wieder sorgen ein paar Witze für den comic relief, die entweder Bezug auf die damalige Popkultur nehmen oder von Sprücheklopfer Richie (Finn Wolfhard, der aus Stranger Things) kommen, der oft und gerne die Mütter seiner Freunde ins Gag-Visier nimmt. Ein richtiger Motherfucker halt!

es_01
© Warner Bros. / New Line Cinema

Dass Muschietti atmosphärischen Horror kann, hat er mit dem von Guillermo del Toro produzierten Mama bewiesen und mit ES nun bestätigt. Dass Bill Skarsgård die perfekte Wahl für die Rolle des Clowns ist, ist nach Sichten des Films unbestritten. Auch die Kinderdarsteller machen durch die Bank weg eine gute Figur, die Konflikte und Beziehungen unter den Figuren werden glaubhaft inszeniert und treffender beleuchtet als es in der TV-Verfilmung der Fall ist. Die letzte Feuertaufe hinsichtlich der Qualität und Umsetzung hat er bestanden, als Stephen King attestierte, dass der Film seine Erwartungen übertroffen habe. Wie hoch oder niedrig King seine Erwartungen vorher angesetzt hatte, darüber kann man nur spekulieren.

Da ich den Roman nie gelesen habe, kann ich die Umsetzung nicht beurteilen. Selbst wenn, muss der Film nicht zwangsläufig eine detaillierte Nacherzählung des Buches sein (was schlichtweg unmöglich ist), sondern als eigenständiges Produkt funktionieren und unterhalten. Das schafft ES zweifellos und ich freue mich auf ein Wiedersehen in Derry 27 Jahre später, wenn das Böse wieder zurückkehrt. In unserer Zeitrechnung ist das dann 2019, wenn ES: Kapitel 2 in die Kinos kommen wird.

 

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar ins Gästebuch

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..