α und Ω vor 25 Jahren im FML

FML_1990_03… oder das Ende und der Neuanfang
mit der Kommunikationstechnik in Leipzig

Mit dem Fernmeldewerk Leipzig ging es vor 25 Jahren dem Ende entgegen (Omega als Synonym für das Ende im lateinischen Alphabet). Nur ein relativ kleiner Kernbereich der Kommunikationstechnik konnte die Wende in den Jahren 1989/90 überdauern und die Basis für eine Weiterentwicklung bis heute bilden (Alpha – der Neuanfang).
Damals gab es nicht nur bei der Postanschrift (Postlaufzeit Anfang Oktober 1990)  Irritationen auf beiden Seiten …

Das Fernmeldewerk Leipzig hieß seit 1986 Nachrichtenelektronik Leipzig und gehörte im Herbst 1989 zum zentralgeleiteten Kombinat Nachrichtenelektronik mit Sitz in Berlin-Köpenick.
IG18-20.09.89Ich habe in dieser Zeit im Hauptwerk (Betriebsteil 1) in der Melscher Straße 7 in Leipzig-Stötteritz im Bereich der Entwicklungstechnologie gearbeitet. Aus unserer kleinen Abteilung von etwa 20 Kollegen waren bis zum Herbst 1989 bereits Herr S., Frau G., Herr R. in den Westen Deutschlands abgehauen – wie sollte das weitergehen?

Im Fernmeldewerk gab es in dieser Zeit eine Betriebszeitung ,,impulsgeber“. Herausgeber war natürlich die Betriebsparteileitung (Partei = SED) und damit war auch klar, was an Information und Desinformation geschrieben wurde. Im Beispiel der Betriebszeitung rechts gegen Ende September 1989 war die SED-Welt scheinbar noch in Ordnung: es gab Artikel über clevere (SED-)Genossen oder vorbildliche FDJler (FDJ = Freie Deutsche Jugend, ,,Kampfreserve der Partei“). Den vorzubereitenden XII. Parteitag der SED (vorgesehen im Jahr 1990) gab es letztendlich nicht mehr (!)

Aber, ab Ende Oktober hat sich das schnell geändert. Die neue Abstimmung mit den Füßen auf den Leipziger Straßen hatte auch Auswirkungen auf die Inhalte von Betriebszeitungen gehabt – auch im ,,impulsgeber“ unsres Betriebes. Stellvertretend hier als Beispiel im impulsgeber Nr. 22, vom 15. November 1989, da muss sich die Betriebsparteileitung gegenüber dem Veröffentlichungsverbot eines offenen Gewerkschaftsbriefes zu den Ereignissen vom 9. Oktober 1989 in Leipzig rechtfertigen und von der Gewerkschaftsleitung wird der ,,neue Wende-Kurs“ von Egon Krenz scharf kritisiert. Das waren im Jahr 1989 in einer Betriebszeitung völlig neue und ungeahnte Töne !IG22-15.11.89

kombinate89Eine Übersicht der 18 größten Kombinate der DDR vom Institut für Wirtschaftsforschung, die ich der NBI (Neue Berliner Illustrierte) entnommen hatte, zeigt, dass das Kombinat Nachrichtenelektronik nur eins (und dazu ein kleines) von vielen Kombinaten der DDR war. Sicher ist es vielen Beschäftigten in diesen Kombinaten und Kombinatsbetrieben ähnlich wie uns ergangen. Unser Vorteil war vielleicht, dass ein Teil unseres Leipziger Werkes in der Melscher Straße schon vor dem Zugriff der Treuhandanstalt bereits faktisch an die Siemens AG verkauft war.

Das klingt zwar positiv, betraf aber nur einen Teil der Belegschaft. Nicht so im Werksteil 2, dem Entwicklungsstandort des Werles. Der wurde abgewickelt. Hier auf den folgenden Bildern große Akten- und Equipmentberge im Hof der Eichstädtstraße 11 (Entwicklungsstandort der Vermittlungstechnik).

FML_1990_01 (Eichstaedtstr.11) FML_1990_02 (Eichstaedtstr.11)

… und hier noch ein kleiner Auszug der Rechtsnachfolge-Änderungen im Jahr 1990:

  • vom VEB Nachrichtenelektronik  zur Nachrichtenelektronik Leipzig GmbH und
  • von der Nachrichtenelektronik Leipzig GmbH zur Siemens-Nachrichtenelektronik Leipzig GmbH
fml_1990_01 fml_1990_02

Der ,,impulsgeber“, nun als Zeitung der Belegschaft der Nachrichtenelektronik Leipzig GmbH, wurde mit dem 1. September 1990 eingestellt. Bemerkenswert ist die letzten Ausgabe vom 24. August 1990. Darin war eine sehr aufschlussreiche und interessante Zusammenfassung zu Stand und Ausblick der Verhandlungen der Geschäftsleitung der Nachrichtenelektronik Leipzig GmbH mit der Siemens AG abgedruckt. Zum Nachlesen im linken Beitrag.​

IG08_24.08.90 IG08-90_ade

leesys_logo_pp_05sFazit: Die Kommunikationstechnik hat in der Stadt Leipzig seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts seit Dietz & Ritter und Körting-Radio eine hervorragende Tradition. Über Löwe-Opta, Fernmeldewerk, Siemens-Kommunikationsbereiche bis hin zur heutigen Firma Leipzig Electronic Systems in Leipzig-Heiterblick mit etwa 420 Beschäftigten wird diese Tradition mit der Fertigung hochmoderner Kommunikationstechnik auch oder gerade wegen der Wende in den letzten 25 Jahren fortgesetzt.

Familiär haben wir auch die Tradition bewahrt: mein Vater hatte in den 30er Jahren bei Dietz & Ritter in der Eichstädtstraße als Nachrichtentechniker begonnen, später im Fernmeldewerk Leipzig gearbeitet und ich arbeite dort seit 1979 über die Wende hinweg auch in den Nachfolgefirmen bis heute.   😉

 

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