Gustav Hertz-Vorlesung 1974

Gustav_Hertz_DDR_1977sAm 10. Dezember 1974 fand eine einmalige Veranstaltung in der damaligen Sektion Physik der KMU (Karl-Marx-Universität) Leipzig statt: der damals 87jährige Experimentalphysiker und Nobelpreisträger Gustav Hertz hielt im vollbesetzten Großen Hörsaal eine Kolloquiums-Vorlesung zum Thema „Die Diffusionskaskade und andere Verfahren der Isotopentrennung“. Natürlich waren wir als Studenten des ersten Studienjahres auch mit dabei, sicher auch Angela Kasner (später Merkel) aus dem Zweiten.
So eine richtige Kolloquiums-Vorlesung war das eigentlich nicht gewesen – Gustav Hertz hat vielmehr ohne Redeskript in klaren und anschaulichen Worten aus seinem Leben erzählt und ein paar wichtige physikalische Zusammenhänge an der Tafel dargestellt.

In anschaulichen Beispielen erläuterte er die Grundzusammenhänge der von ihm maßgeblich seit den 1930er Jahren entwickelten Gasdiffusions-Technik. Er schilderte wie er nach dem 2. Weltkrieg in einem eigens für ihn geschaffenen Institut in der Nähe von Suchumi (Georgien) in der damaligen Sowjetunion an Gasdiffusions-Zentrifugen zur Anreicherung des Uran-Isotops 235 zur Atombombenherstellung geforscht und gearbeitet hatte (siehe untenstehendes Bild). Wir waren schon erstaunt, weil in den Vorlesungen zur Kernphysik über die Atombombenforschung von deutschen Physikern in der Sowjetunion nichts zu hören gewesen war. Das war zu dieser Zeit eigentlich ein Tabu …

Und Gustav Hertz sprach auch über seine Leipziger Zeit, in der er von 1954 bis 1961 als Direktor des Physikalischen Instituts in Leipzig tätig war.

Diese Vorlesung hat uns als junge Studenten sehr beeindruckt.

Nachtrag: Ende Oktober des darauffolgenden Jahres 1975 starb Gustav Hertz, der  als einziger Nobelpreisträger nach seiner Preisverleihung in der DDR wissenschaftlich tätig war, in Berlin. Im Jahr 1977 wurde von der Post der DDR eine 40 Pfennig Sonderbriefmarke herausgebracht, auf der ausgerechnet das Gasdiffusions-Verfahren dargestellt ist, das zur Herstellung der ersten sowjetischen Atombomben genutzt wurde.

Sektion Physik, Vorlesung Gustav Hertz, 10.12.1974

Sektion Physik, Vorlesung Gustav Hertz, 10.12.1974

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