Straßburg: Es knirscht im Gebälk

Wieder einmal endete eine Sitzung des Straßburger Stadtrats mit einem Eklat – die komplette Opposition verließ die Sitzung. Demokratischer Dialog sieht anders aus.

So richtig herzlich wird es zwischen OB Jeanne Barseghian und der Opposition im Strassburger Stadtrat nicht mehr werden... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – In seltener Einigkeit haben am Montagabend die Oppositions-Parteien im Straßburger Stadtrat die laufende Sitzung verlassen, um dagegen zu protestieren, dass Bürgermeisterin Jeanne Barseghian freihändig mehrere Tagesordnungspunkte ausblendete, obwohl diese vor der eigentlichen Sitzung in einem routinemäßigen Treffen der Fraktionschefs abgesegnet worden waren. Dass allerdings die Stadträte der linken und der rechten Gruppierungen Hand in Hand den Stadtrat verlassen, das ist schon bemerkenswert.

Einer der Punkte, um die es ging, war ein Antrag des Konservativen Pierre Jakubowicz, der forderte, dass die Straßburger Museen wieder 6 Tage pro Woche öffnen, nachdem die Stadtspitze entschieden hatte, nur noch an 5 Tagen pro Woche zu öffnen, angeblich, um Energie und Personalkosten zu sparen. Im Grunde keine weltbewegende Sache, die man sehr gut hätte diskutieren und entscheiden können.

Doch wenn es um Entscheidungen geht, gerät die französische Demokratie ein ums andere Mal ins Stolpern. Denn auf kommunaler Ebene besagt das Wahlrecht, dass die bei Wahlen erfolgreiche Liste von vornherein 50%+1 der Sitze im Stadtrat erhält, was bedeutet, dass ein demokratischer Dialog fast überflüssig wird. Wer die Macht hat, der entscheidet und das ist ein Konzept, das aus einem anderen Jahrhundert zu stammen scheint.

Nur – in Krisenzeiten wie diesen ist es im Interesse der Stadt, dass die politischen Kräfte der Stadt in einem konstruktiven Dialog miteinander stehen. Und was den Dialog angeht, hapert es bei der grünen Stadtregierung heftig. Das ist deswegen besonders schade, da die Grünen eigentlich mit dem Ziel angetreten waren, den Austausch zwischen Verwaltung und Bürgern anders zu gestalten. Dabei dachten die Straßburger natürlich, dass „anders“ vor allem „besser“ bedeuten sollte, doch da haben sich alle getäuscht. Zeichneten sich in den letzten Jahren Konservative und Sozialisten in der Stadtregierung nicht gerade durch Bürgernähe aus, so haben die Grünen dieses Konzept weitgehend abgeschafft und durch einige Alibi-Foren ersetzt, deren Ergebnisse niemanden interessieren.

Dass die Konservativen und die Sozialisten, also die komplette Riege um Catherine Trautmann, Céline Geissmann, Alain Fontanel, Jean-Philippe Vetter, Jean-Philippe Maurer und die anderen Hand in Hand gegen die grüne Art der Stadtführung demonstrieren, ist bemerkenswert, denn ansonsten herrscht zwischen diesen politischen Formationen auch Funkstille. Doch offensichtlich ist der Punkt erreicht, an dem das Tischtuch zwischen Stadtregierung und Opposition zerschnitten ist.

Es sei den Grünen zugestanden, dass sie die Welt und das Leben in der Stadt verbessern wollen. Doch der Allgemeinheit eine Sichtweise auf die Gesellschaft aufzuzwingen, weitgehend ohne Dialog und Erklärungen, mit einem Autoritarismus, den man eigentlich nur von anderen Parteien kennt, das ist dann doch eine sehr ideologische Vorgehensweise, die inzwischen aus einem Elfenbeinturm heraus geführt wird. Das allerdings hatten sich viele Straßburger anders vorgestellt.

Wie ein Weg zurück zu mehr Dialog und einem respektvollen Umgang miteinander aussehen soll, steht in den Sternen. Die politischen Fehler der Stadtregierung bringen der Opposition Rückenwind und unter den aktuellen Umständen können nun Linke wie Konservative in Ruhe ihren nächsten Wahlkampf vorbereiten. In dieser Mandatsperiode wird es wohl kaum noch zu einer konstruktiven Zusammenarbeit kommen. Und langsam fragt man sich, wo die Grünen diese Stadt eigentlich hinsteuern wollen.

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