„Vaya con Dios, Hugo Chávez, mi Amigo“ – eine etwas andere Berichterstattung

Gregory Allyn Palast (Foto) ist ein Journalist und Vertreter des investigativen Journalismus. Er schrieb mehrere Artikel über die Macht von Großkonzernen.

Bekannt wurde er im Jahr 2000, als er über Manipulationen an den Wählerregistern in Florida berichtete.

Er erhob schwere Vorwürfe gegen Gouverneur Jeb Bush, den Bruder von Präsident George W. Bush. Die Manipulationen in Florida sollen dazu geführt haben, dass George W. Bush und nicht Al Gore die Präsidentschaftswahlen der USA im Herbst 2000 gewonnen hat.

Palast lebt in London und New York City. Er stammt aus Los Angeles, “aus dem Abschaum-Ende von LA, zwischen dem Kraftwerk und der Mülldeponie”, wie er selbst schreibt. Er studierte an der Universität von Chicago. Palast hielt Vorlesungen an der Universität von Cambridge und der Universität von São Paulo.

Greg Palast hat Hugo Chávez mehrmals besucht, hat mit ihm diskutiert und Dokumentarfilme gedreht.

Auch wer nichts anderes kennt als die Lügen der Mainstreammedien sollte sich eine Frage stellen: Welches Land hat Chávez bedroht, angegriffen oder besetzt, wen hat er gefoltert oder ermordet? Nichts von alledem. Er hat ein einfaches, arbeitsames Leben geführt, für sein Volk das Beste getan, aber nicht nur für sein Volk, sondern für viele Völker hat er großzügige Hilfsprogramme durchgeführt, auch für die Armen in den Vereinigten Staaten und Englands.

Und genau dies hat ihm den Hass der US-Elite und der einheimischen Milliardärselite eingebracht. Aber das hat Hugo Chávez nie bekümmert, im Gegenteil, es zeigte ihm, dass er auf dem richtigen Wege war.

Vaya con Dios, Hugo Chávez, mi Amigo…

Als ein Heilmittel gegen den Mist, mit dem die Amerikaner über Chávez gefüttert werden, bietet meine Stiftung, der ‘Palast Untersuchungs-Fond’ den Film ‘The Assassination of Hugo Chávez’ als FREIEN Download an. Auf Basis mehrerer Treffen mit Chávez, seinen Entführern und seinen Möchtegern-Mördern wurde er für BBC-TV gedreht. Er ist auch als DVD erhältlich.

Der venezolanische Präsident fragte mich einmal, warum die US-Elite ihn töten wolle. Mein lieber Hugo: Es ist das Öl. Und es sind die Gebrüder Koch – und das Ketchup.

Der Pastor Pat Robertson sagte:
„Hugo Chávez glaubt, wir versuchten, ihn zu ermorden. Ich denke, dass wir das wirklich in Angriff nehmen und tun sollten.“ Das war 2005 und Robertson gab nur die Frustration des Außenministeriums von George Bush wieder.

Trotz der von Bush gelieferten Geheimdienstberichte, Gelder und sogar Glückwünsche an die Bande, die Chávez kidnappte (wir kommen darauf zurück), blieb Chávez im Amt, wurde wiedergewählt und blieb ungeheuer populär. Aber warum dieser Hass, Hass, HASS des Bush-Regimes auf Venezuelas Präsident?

Pastor Pat zierte sich nicht mit einer Anwort. Es es das Öl.
„Dies ist ein gefährlicher Feind in unserem Süden, der einen riesigen Ölsee kontrolliert.“

Ein wirklich GROSSER Ölsee. In der Tat, laut Guy Caruso, vormaliger Chef für Erdöl-Geheimnachrichten für den CIA, hat Venezuela eine förderwürdige Reserve von 1.36 Billionen Barrel und das ist eine ganze Menge mehr als Saudiarabien.

Wenn wir Chávez nicht töten, müssten wir ein ‘Irak’ in seinem Land machen. Deshalb schlägt der Pastor vor: „Wir brauchen aber keinen neunen 300 Mrd. $ Krieg .. . Es ist viele einfacher, den Job von ein paar Geheimagenten erledigen zu lassen und Schluss.“

Chávez sagte zu mir, er sei verblüfft über die Attacken von Bush. Chávez war recht freundlich mit dem alten Bush und mit Bill Clinton umgegangen. Was hat Chávez also plötzlich zu „einem gefährlichen Feind“ gemacht? Hier kommt die Antwort, die ihr nicht in der New York Times finden werdet.

Gleich nach der Amtseinführung von Bush 2001 verabschiedete Chávez und sein Kongress ein neues Gesetz, das „Kohlenwasserstoffgesetz“. Von da an durften Exxon, British Petroleum, Shell Oil und Chevron nur noch 70% vom Verkauf des Erdöls behalten, dass sie aus Venezuela herauspumpten. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass sich der Ölpreis den 100 $ pro Barrel näherte.

Aber die Erdölgesellschaften hatten die früheren Regierungen in Venezuela gezwungen, ihnen 84% der Verkäufe zu geben, weshalb der Fall auf 70% „no bueno“ war. Schlimmer noch: Venezuela hatte zuvor als Royalties nur 1 % für das schwere Öl aus dem Orinoco-Bassin verlangt – ein Witz – und nun sagte Chávez zu Exxon und ihren Freunden, sie müssten 16.6 % bezahlen. Ganz klar, dass man dem Chávez eine Lektion erteilen musste, wie er mit dem Großen Öl umzugehen hatte.

Am 11. April 2002 wurde Präsident Chávez mit vorgehaltener Pistole gekidnappt und auf eine Gefängnis-Insel in der Karibik geflogen. Am 12. April hat Pedro Carmona, ein Geschäftspartner der US-Ölgesellschaften und Präsident der Handelskammer in Venezuela, sich selbst zum Präsidenten des Landes erklärt – womit er dem Begriff „Übernahme durch die Multis“ eine ganz neue Bedeutung gab. US-Botschafter Charles Shapiro sauste sofort von seiner Botschaft auf einem Hügel hinunter, um ein Bild von sich machen zu lassen, wie er zusammen mit dem selbst-ernannten „Präsidenten“ und den Staatsstreichführern in die Kamera grinste.

Die Sprecherin des Weißen Hauses gab zu, dass Chávez „demokratisch gewählt“ war, aber, so fügte sie hinzu, „Legitimität wird manchmal nicht einfach nur durch eine Mehrheit von Stimmen übertragen“.

Unter dem Eindruck einer bewaffneten und wütenden Menge, die auf den Präsidentenpalast zumarschierte, um die Coupmacher aufzuhängen, hat der Alsob-Präsident von Exxons Gnaden seinen Gefangenen innerhalb von 48 Stunden wieder an seinen Arbeitsplatz gelassen. (Wie? Besorgt euch den Film ‘Die Ermordung von Hugo Chávez’ zusammen mit meinen Berichten für das BBC Fernsehen. Ihr könnt ihn für die nächsten Tage herunterladen.)

Chávez hat den Coup provoziert, nicht nur indem er sich einen Teil der aufgeblasenen Royalties von den Ölgesellschaften zurückholte. Sondern was er mit diesen Geldern machte, das trieb die EIN PROZENT von Venezuela zur Gewalt.

In Caracas traf ich eine Reporterin einer Fernsehstation, deren Besitzer als einer angesehen wird, der den Coup gegen den Präsidenten geplant hat. Während ein Werbefoto gemacht wurde und sie sich an einen Baum lehnte und ihre weit geöffneten Beine alles zeigten bis fast zum Höschen, wies sie den Hügel hinunter zu den „ranchos“, den Slums oberhalb von Caracas, wo Hütten, die einst aus Karton und Zinnblech waren, sich schnell in Heime aus Porenbetonsteinen und Zement verwandeln.

Er [Chávez] gibt ihnen Brot und Ziegelsteine, deswegen stimmen sie für ihn natürlich. Sie war von „denen“ angewidert, den 80% der Venezolaner, die Neger und Indios (Schwarze und Indios) waren – und arm. Chávez, auch eine Mischung aus schwarz und Indio, hatte zum ersten Mal in der venezolanischen Geschichte den Ölreichtum von den privilegierten Klassen, die sich selbst „Spanier“ nannten, zu den dunkelhäutigen Massen geleitet.

Als ich in den armen Vierteln von Caracas herumlief, stieß ich auf einen Bewohner, Arturo Quiran, ein Handelsseemann und kein großer Fan von Chávez. Aber bei einem Bier an seinem Küchentisch erzählte er mir:

„Vor fünfzehn Jahren unter [dem damaligen Präsidenten] Carlos Andrés Pérez gab es eine Menge Geld in Venezuela. Wir nannten es den Ölboom. Hier in Venezuela gab es eine Menge Geld, aber wir sahen nichts davon.“

Aber dann kam Hugo Chávez und jetzt bekommen die Armen in seiner Nachbarschaft „medizinische Versorgung, kostenlose Operationen, Röntgenuntersuchung, Medikamente und Erziehung. Leute, die nie schreiben konnten, können jetzt ihre eigenen Papiere unterzeichnen.“

Das Robin Hood-Ding von Chávez – das Ölgeld von den Reichen an die Armen zu verteilen – wäre vielleicht von den USA knurrend akzeptiert worden, aber Chávez sagte mir: Wir sind keine Öl-Kolonie mehr“  und ging weiter … viel zu weit in den Augen der multinationalen Unternehmen.

Venezuela hatte Millionen Bauern ohne Land – und Millionen Hektar von unbebauten Land, das eine winzige Elite von Plantagenbesitzern an sich gerissen hatte. Chávez brachte 2001 ein Gesetz durch, das forderte, dass brach liegendes Land an die Landlosen verkauft werden muss. Das war ein Programm, das von venezolanischen Politikern auf Druck von John F. Kennedy als Teil seiner „Allianz für den Fortschritt“ versprochen worden war.

Der Heinz Coporation mit ihren Riesenplantagen gefiel das gar nicht. Als Vergeltung machte Heinz seine Ketchup-Fabrik im Staat Maturin zu und feuerte alle Arbeiter. Chávez beschlagnahmte die Heinz-Fabrik und gab den Arbeitern ihre Arbeit zurück. Chávez war sich nicht bewusst, dass er gerade die Tomaten der mächtigen amerikanischen Heinz-Familie und des Mannes von Frau Heinz, Senator John Kerry, jetzt US-Außenminister, zermatscht hatte.

Oder aber, wie ich Chávez kenne, hat er darauf gepfiffen.

Chávez konnte den Ketchup-Schlag, die Exxon-“Präsidentschaft“, sogar die Rücknahme eines Teils der Profite der Ölgesellschaften überleben, aber er hat gefährlich die Geduld von Amerikas am wenigsten zum Verzeihen bereiten Milliardären strapaziert – die Gebrüder Koch. Wie? Na, das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag. [Schaut euch dies an oder lest darüber in dem Buch „Billionaires & Ballot Bandits“ (Milliardäre und Wahl-Banditen) – geht zu BallatBandits.org].

Gewählte Präsidenten, die das Große Öl ärgern, sind im Exil gelandet – oder in Särgen. Mossadegh im Iran, nachdem er die BP-Ölfelder nationalisierte (1953), Elchibey, Präsident von Aserbeidschan, nachdem er sich weigerte, den Forderungen der BP nach seinen Kaspischen Ölfeldern nachzukommen, Präsident Alfredo Palacio von Ekuador, als er die Konzession von Occidental aufhob (2005).

„Dies ist ein Schachspiel, Herr Palast“, sagte Chávez zu mir, als er mir gerade ein sehr langes und sehr scharfes Schwert zeigte, das einst Símon Bolívar, dem Großen Befreier, gehörte und ich bin ein sehr guter Schachspieler.“

In dem Film „Das siebte Siegel“ setzt ein Ritter im Mittelalter sein Leben in einem Schachspiel mit dem Sensenmann. Der Tod mogelt natürlich und nimmt den Ritter mit sich. Kein Sterblicher kann unendlich gegen den Tod gewinnen, der in dieser Woche, wie Chávez sicher wusste, den neuen Bolívar von Venezuela Schachmatt setzte.

Aber mit einer letzten Geste hat der bolivarianische Großmeister einen brillianten Zug gemacht, indem er Vize-Präsident Nicolas Maduro, einen guten und anständigen Mann, zum Erben des Kampfes für die Leute der „ranchos“ machte. Die EIN PROZENT von Venezuela, die mit dem Tod von Chávez rechneten, um sich selbst wieder an die Macht und die Reichtümer zu bringen, die in keiner Wahl gewinnen konnten, sind wütend auf die Wahl von Maduro.

Chávez schickte 2004 Maduro zu mir in mein Büro in New York. In der heruntergekommenen Bude tauschten Maduro und ich Informationen über Mordanschläge und Öl-Politik aus.

Schon damals hatte Chávez sorgfältig vorgesorgt für den Tag, an dem Venezuelas Negros und Indios ihren König verlieren würden, um trotzdem weiterspielen zu können.

Klassenkampf auf dem Schachbrett. Selbst im Tod würde ich nicht gegen Hugo Chávez wetten.

Quelle: Greg Palast – übersetzt von Einar Schlereth

Übernommen aus http://lupocattivoblog.com

Siehe auch: Ein Tank voll Sprit ist billiger als ein LIter Wasser – das ganze Dilemma Venezuelas

Update: Boliviens Präsident Evo Morales spricht von Mord

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