Bertelsmann-Studie: Euro-Aus in Südeuropa könnte 17 Billionen kosten
Veröffentlicht: 17. Oktober 2012 Abgelegt unter: €URO, Bertelsmann-Stiftung | Tags: Euro-Austritt, FRANKREICH, GRIECHENLAND / GREECE, ITALIEN, PORTUGAL, SPANIEN 2 KommentareBertelsmann-Studie:
Euro-Aus in Südeuropa könnte 17 Billionen kosten
Ein Austritt von Griechenland und Portugal wäre verkraftbar. Doch wehe, wenn auch Spanien oder Italien die Euro-Zone verlassen. Eine neue Studie, die SPIEGEL ONLINE vorab vorliegt, sagt für diesen Fall massive Verluste vorher. Der mit Abstand größte Verlierer wäre Frankreich.
SpOn — Kommentare im Forum Spiegel — FAZ — finanzen.net — DIE ZEIT — SF Schweizer Fernsehen — Handelsblatt — CAPITAL
+
Anmerkung
Quod esset demonstrandum!
DIE STUDIE – PDF [8 Seiten]
Dem dänischen Physiker und Nobelpreisträger Niels Bohr (1885-1962) wird das Zitat
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“
zugeschrieben und trifft den Kern dieser von PROGNOS erstellten Bertelsmann-Studie.
Kommen wir zu dem Versuch einer vorläufigen Bewertung des vor Schätzungen und Simulationen strotzenden ‚Policy Briefes‘[Anm.: Die Prognos AG verwendet nicht den Begriff ‚Studie‘]:
Bei der Konzeption der Ausstiegs-Szenarien hat man vier Entwicklungen und deren Konsequenzen nach einem VIEW-Modell der Prognos AG abgeschätzt.
Mir sind einige makroökonische Modelle bekannt, das erwähnte ‚VIEW-Modell‘ gehört nicht dazu. Auf der Webseite der Prognos AG konnte ich keine Definitionen dazu finden.
Ich darf aber wohl annehmen, dass es den Initiatoren dieser ‚Bertelsmann-Prognose‘ sowie der Wirtschaftsredaktion des Spiegel’s keine Mühe bereiten wird, Grundlagen und Aufbau, Parameter und deren Gewichtung, mathematische Gleichungen und die Unterschiede zu anderen gängigen makroökonomischen Modellen in allgemeinverständlicher Terminologie zu erläutern.
Daneben wäre es sehr hilfreich, einige historische Prognosen nach diesem Modell mit den Realitäten abgleichen zu können.
Den vier Simulationsrechnungen wurden nachfolgende Annahmen zugrunde gelegt:
Man geht davon aus, dass zunächst die Finanzhilfen für Griechenland eingestellt werden, so dass es dort zu einem Staatsbankrott kommt, in dessen Folge auch eine eigene griechische Währung eingeführt wird. Der Staatsbankrott führt zu einem massiven Schuldenschnitt. Man räumt allerdings ein, dass realistischerweise heute niemand vorhersagen kann, wie groß dieser ausfallen würde.
Vereinfachend nimmt man einen 60%igen Schuldenschnitt Griechenland’s an.
Nicht berücksichtigt wurde die Möglichkeit Griechenland’s nach Wiedererlangen der eigenen Währungs-Souveränität eine Gläubiger-Konferenz bei den zuständigen Institutionen (Club de Paris, London Club) einzuberufen, den Gläubigern bspw. ein 10-jähriges Moratorium abzutrotzen und danach 20% der aktuellen €-Verpflichtungen mit der neuen Drachme per rata temporis zurückzuführen.
Bei den Konsequenzen einer Wiedereinführung der Drachme wird auf dessen enormes Abwertungspotential hingewiesen, die daraus enstehenden signifikanten Export-Chancen des Landes finden hingegen keine Erwähnung. Allerdings beklagt man massive Ausfuhr-Rückgänge der großen Export-Nationen, deren Volumina schon heute deutlich geschrumpft sind.
Im Zusammenhang mit der o.a. Gläubiger-Konferenz erübrigt sich auch der Hinweis, dass Griechenland’s €-Verpflichtungen durch die deutliche Abwertung der Drachme signifikant ansteigen würden.
Besonders hübsch fand ich in diesem Zusammenhang den Hinweis:
„Daraus resultiert dann im Ergebnis ein weltweiter Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten.“
Könnte der Prognos AG entgangen sein, dass bereits heute weltweit deutliche Rezessions-Erscheinungen spürbar sind, die man mit negativen Wachstums-Tendenzen umschreibt?
Unter dem Titel „Konsequenzen der Ausstiegs-Szenarien“ werden von den getroffenen Annahmen ausgehend Konsequenzen der vier Szenarien für die weltwirtschaftliche Entwicklung im Zeitraum 2013 bis 2020 berechnet, wobei jeweils ein Vergleich zum Basis-Szenario des ‚Prognos Weltreport 2012‘ getroffen wird.
Besagter Welt Report liefert Daten und Prognosen zu nachfolgenden Größen:
- Demografie
- Entstehungsseite
- Verwendungsrechnung
- Makroökonomische Kennzahlen
Kurze und bündige Einordnung und Bewertung der Panik-„Studie“ aus dem Medienhaus Bertelsmann. Was eben dazu gesagt werden muss zu all dem Stuss! Vielen Dank Ökonomicus:-)
LikeLike
Vielen Dank für die ‚Blumen‘ werter @kob,
ich schätze die Autoren der Prognos AG als wesentlich intelligenter ein, als dies bei dem unpräzisen Blick in eine hausgemachte ökonomische Kristallkugel zum Ausdruck gebracht wird.
Wäre ich ein Schelm -der ich nicht bin- könnte mir der Gedanke an eine Auftragsarbeit in den Sinn kommen.
Die Inhalte und Schlussfolgerungen halte ich für tendenziell und streckenweise nicht zu Ende gedacht.
Insbesondere vermisse ich, wie bereits im Kommentar zum Ausdruck gebracht, die detaillierte Auseinandersetzung mit potentiellen Aufwertungseffekten des ‚Rest-Euro’s‘, welche nach Austritt von Ländern ohne echtes eigenes Geschäftsmodell (Griechenland und weitestgehend auch Portugal), zutage treten könnten.
Es steht zu befürchten, dass die geschätzten Politiker und Lobbyisten des EUROholics-Clubs mit diesem Papierchen mit der Duftnote der segensreichen Bertelsmann-Stiftung wild umherfuchteln und zum ökonomischen Katechismus erklären werden.
Die wirklichen Probleme von Staatsverschuldung sowie die Wechselwirkungen weltweiter Rezessionserscheinungen werden ebenso wie plausible Lösungsansätze zur Stabilisierung der Euro-Zone auch weiterhin ausgeblendet.
Was uns allen bleibt, ist uns am dem Grundsatz von Mel Brooks “Hope for the best, expect the worst” zu orientieren, dabei höchst wachsam zu bleiben und zwischenzeitlich die angenehmen Dinge des Lebens nicht zu vergessen.
herzlichst
Oeconomicus
LikeLike