Mit dem „Postzug“ von Nürnberg nach Augsburg und zurück

von Markus Egger

Diese Relation gehört zu den ganz wenigen Beispielen, wo sich eine Verbindung, die in der Nachkriegszeit entstand bis in die Jetztzeit ohne allzu große Veränderungen hinübergerettet hat. Und das obwohl die Rahmenbedingungen heute ganz andere sind: Es geht um eine nächtliche Verbindung von Nürnberg nach Augsburg und zurück.

Ein Blick in die Fahrpläne

Bis zum Winterfahrplan 1949/50 kann ich diese Verbindung mühelos zurückverfolgen, in Vorkriegs- und Kriegsfahrplänen findet sie sich nicht, sie muss also ein Kind der unmittelbaren Nachkriegszeit sein. 1946 gibt es zwar schon ein Zugpaar unter der gleichen Zugnummer, das jedoch noch zu gänzlich anderen Zeiten verkehrte. 1949/50 verlässt Nürnberg Hbf um 0:23 Uhr  der DUS 708 (das ist laut „Kursbuchschlüssel“ ein Schnellzug für die amerikanische Besatzungsmacht mit einzelnen Wagen für den deutschen Zivilverkehr) um über Schwabach (0:37 Uhr), Treuchtlingen (1:23 Uhr) nach Augsburg Hbf zu fahren (an 2:26 Uhr). Um 3:12 Uhr startet Gegenzug DUS 707 um mit nur einem Zwischenhalt in Treuchtlingen (4:15) nach Nürnberg (an 5:12) zu fahren. Ungewöhnlich für einen D-Zug der damaligen Zeit: Er führte nur 3.Klasse. War sein Hauptzweck schon damals die Postbeförderung? In Augsburg gab es übrigens Anschluß an DUS 607 Karlsruhe – München (Augsburg ab 2:35, München an 3:31) und von DUS 608 München – Karlsruhe (München ab 2:05, Augsburg an 3:02). Mit diesem Zug wurden wohl auch Postwagen ausgetauscht – auch das blieb eigentlich bis zur Abschaffung der Bahnpost so.

Und so sah der E 1736 im Kursbuch 1970 aus.

In den späten 50er und den 60er Jahren verkehrte der Zug nur noch als E 648/647, er führte jetzt die 1. und 2. Wagenklasse (1956 war aus der alten 3.Klasse die neuen 2.Klasse geworden). Neu hinzugekommen waren südwärts die Halte in Roth, Weißenburg (Bay) und Donauwörth, nordwärts nur Donauwörth und Weißenburg. Auch die Fahrzeiten wurden immer etwas kürzer – gegenüber 1949 war man 1966 trotz zusätzlicher Halte 20 Minuten schneller.

Von 1970 bis 1974 lief der Zug als E 1736/1737, wobei zu beachten ist, dass bis 1971 südwärts die gerade Zugnummer galt und nordwärts die ungerade – danach war es umgekehrt. Neu war, dass im Winterhalbjahr jeweils um Weihnachten herum der Zug an einzelnen Tages ausfiel. Südwärts kam 1972 der Halt Pleinfeld dazu.

Von 1974 bis 1984 waren lange recht kontinuierliche Jahre angesagt. Der Zug verkehrte als E 2464/2465. Regelmäßig gab es zwar minimale Änderungen an den Ausfalltagen im Winter und an welchen Tagen Gepäckbeförderung möglich war – sonst änderte sich wenig, so blieb z.B. die Ankunftszeit in Augsburg immer um 2:04 Uhr. Nordwärts kamen in dieser Zeit nun einige Halte hinzu, die bisher nur südwärts bedient wurden: Roth ab 1975, Pleinfeld ab 1980.

So wurde E 2465 im Postkursbuch I des Winterfahrplans 1982/83 dargestellt. Rot eingetragen sind die „postamtlichen“ Hinweise, die folgendes bedeuten:
/A: „Allesbahnpost“ – täglich. Die rot durchgestrichenen Zeiten bedeuten, dass in diesem Bahnhof Post ausgetauscht wird. Der Pfeil nach rechts in Augsburg Hbf mit der folgenden Zeitangabe in der Anschlusspalte bedeutet, dass der Zug weiter bis nach München fuhr (ab Augsburg ohne Personenbförderung). Quelle: Postkursbuch I, Winter 1982/83.

Die KBS 411 im Kartenbild. Quelle: Amtlicher Taschenfahrplan Schwaben/Allgäu Sommer 1970

Ein kurzes Intermezzo gab es vom Sommer 1984 bis Sommer 1985: Der Zug verkehrte zwei Fahrplanperioden lang wieder als D-Zug, wenn auch immer noch unter der Zugnummer 2464/2465. Da er jedoch nicht als zuschlagpflichtig gekennzeichnet wurde, war die Änderung nur kosmetischer Natur.

Ab Sommer 1985 gab es größere Änderungen. Südwärts verkehrte er nun täglich außer nach Sonn- und Feiertags in der bisherigen Lage als D 14167 (das ist eigentlich die Zugnummer eines ExprD), während er Werktags nach Sonn- und Feiertags als E 3019 etwas später in Nürnberg losfuhr, aber durch gekürzte Aufenthalte die Strecke schneller zurücklegte. Teilweise fiel nun neben einzelnen Tagen um Weihnachten auch an Ostern der Zug aus. Nordwärts änderte sich fast nichts: in unveränderten Fahrzeiten verkehrte er täglich als E 3018.

Es gibt sicherlich angenehmere Arten der Zugreise in der Nacht als im Silberling, dennoch bot unser Zug Generationen von Nachtschwärmern eine sichere Heimfahrt. Foto:JuergenG (Veröffentlicht auf Wikimedia)

Die nächste Periode dauerte von 1988 bis 1995 an. Südwärts rutsche der Zug über die Jahre einige Minuten später, ab 1991 war die Wagengarnitur nur noch „zweitklassig“, an bestimmten Tagen war jedoch bis Treuchtlingen offensichtlich noch eine gemischtklassige Garnitur mit an Bord. In der Gegenrichtung wurden die Fahrzeiten leicht gestrafft und änderte sich 1991 die Zugnummer von E 3018 in E 3022.

1995 bis 2001 waren wilde Jahre für unseren Zug. Fast jedes Jahr änderte sich etwas. Beginnen wir mit der Südrichtung: ab 1995 verkehrte der Zug als RB 3019 und bediente alle Unterwegshalte bis Roth, 1996 wurde daraus die RB 3001, 1998 die RB 3901. Ab 1999 verkehrte der Zug nur noch Samstags, Sonn- und Feiertags und erstmals unter einer fünfstelligen Nummer als RB 21101. In der Nordrichtung war der Zug ab 1995 als RE 3022 unterwegs, startete 20 Minuten früher um Punkt 3:00 in Augsburg um diese Zeit dann bei einem 19 minütigen Zwischenhalt in Treuchtlingen wieder abzubummeln (Rangieren?). Ab 1996 ging es wieder in der alten Fahrlage um 3:20 in Augsburg als RE 3000 los und der Halt in Ellingen(Bay) kam dazu. Ab 1997 kamen dann noch Mühlstetten und Unterheckenhofen dazu und erst ab 1999 (RB 21100) wurde auch im Abschnitt Roth-Nürnberg überall gehalten und auch in dieser Richtung verkehrte der Zug nur noch am Wochenende.

Ab 2001 kehrten wieder ruhigere Jahre ein: So konnten ab diesem Jahr die Zwischenhalte im Abschnitt Nürnberg – Roth und zurück (außer Schwabach) wieder entfallen, da auf diesem Abschnitt die S-Bahn in Betrieb ging. Ab 2003 wurde Nordwärts auch in Augsburg-Oberhausen, Meitingen, Nordendorf und Mertingen Bf gehalten, um eine späte Rückfahrtmöglichkeit für Nachtschwärmer aus Augsburg zu bieten. Ansonsten gab es hauptsächlich Minutenänderungen und Änderungen bei der Zugnummer: 2001-2004 als RE 21100/21101, 2005-2008 wieder vierstellig als RE 4130/4131, 2009 als RE 37700/37701, 2010 als RE 34950/34951 und 2011 als RE 59110/59111.

Am 15.8.2009 steht der RE 37700 abfahrbereit in Augsburg Hbf. Foto: Christian Lennartz. Bildrechte beim Autor.

Aus einem Postzug, mit US-Beförderungsauftrag, geringer Zivilnutzung und wenigen Zwischenhalten wurde also ein Regionalexpress für Nachtschwärmer (der heute fast genau die Systemhalte der RE-Linie bedient – die Ausnahme ist Otting-Weilheim, wo der Zug noch nie planmäßig gehalten hat).

Bespannung und Zugbildung

Die früheste bisher vorliegende Zugbildung stammt aus dem Fahrplanjahr 1977:

Bis zu drei Silberlinge an der Spitze des Zuges dienten dem Personenverkehr, ein „kleiner“ Großraum 2.Klasse des ABnz diente jedoch als Dienstabteil für das Zugbegleitpersonal. Scan aus dem ZpAR 1977: Oliver Ertl.

1980 sah es so aus:

E 2465 Nürnberg (00:24) – Augsburg (02:04/22) – München (03:01)

Augsburg – München [So+nS]
Zwischen Augsburg und München ohne Personenbeförderung und nicht veröffentlicht

Goss-uv – Augsburg-München W [nS]
Post2ss – Augsburg-München
Bnz – Nürnberg-Augsburg Sa+S
ABnz – Nürnberg-Augsburg
Bnrz – Nürnberg-Augsburg W [Sa]
Postmrz – Nürnberg-München [nS]
Postmr – Nürnberg-München [So]
Postmrz – Nürnberg-Augsburg nS (von Ffm) (München)
Post2ss – Nürnberg-München [So+nS]
Dm – Nürnberg-München [So+nS]
Dm – Nürnberg-München [S/S+S/nS] (von HH-Altona)
Dm – Nürnberg-München [Sa/So+S/S+S/nS] (von Ffm)
Goss-uv – Nürnberg-München Fr
MD – Nürnberg-Augsburg [So+nS] (Ulm)
Post2ss – Nürnberg-Augsburg [nS] (Ulm)
Goss-uv – Nürnberg-Augsburg Fr (Ulm)
Dm – Nürnberg-Augsburg [So+nS] (Stuttgart)

Für 1982 ist die Bespannung mit der Baureihe 110 überliefert, in den 1960ern und 1970ern können mehrfach Augsburger E17 als planmäßige Zugloks nachgewiesen werden..

Beispielhaft am Jahr 1984 die überschaubare Länge des Zuges an nS:

D 2465 Nürnberg (0.26) – Augsburg (2.04)
nS
ABn Nürnberg – Augsburg 3417 2464
Bnrz Nürnberg – Augsburg 3232 2464
Postmr (Frankf-) Nürnberg – Augsburg (-München) 3111 14165
Der Postmr geht auf ExprD 14165 Karlsruhe – München

Im Entwurf für den Zugbildungsplan Sommer 1990 ist für den ExprD 14167 mit der Bemerkung „mit Personenbeförderung bis Augsburg Hbf“ (im Kursbuch als E 3019 veröffentlicht) folgende Zugbildung vorgesehen:

Zugbildung D 14167 Sommer 1990
[So+nS]
Hbiqss Post Nürnberg Augsburg
Fr Goss-uv Post Nürnberg Augsburg
Sa+S Bnrz Nürnberg Augsburg
ABnrz Nürnberg Augsburg
W(Sa) Bnrz Nürnberg Augsburg
Postmrz Frankfurt München
Dm Frankfurt München
Dm Würzburg München
Dm Würzburg München
Postmrz Nürnberg München
Postmr Nürnberg München
Habiqss Post Nürnberg München
So
Bnrz Nürnberg Augsburg
ABnrz Nürnberg Augsburg
Hbiqss Post Nürnberg Augsburg
Postmr Nürnberg München
Postmrz Hamburg München

Von 2006 bis 2009 wurde der Zug mit Interregio-Wagen gebildet. Die Wagen waren aus dem Stillager der RE Nürnberg-Prag. Im Fahrplanjahr 2009 verkehrte der Zug sogar mit Kemptener 218. Die Führung mit 218 diente der Heimatanbindung der damals für die RE Nürnberg-Prag eingesetzten Kemptener 218 nach dem Ende der Beheimatung der BR 218 beim Bw Regensburg.

Download: Der „Postzug“ im Fahrplanbild von Jahr zu Jahr (pdf)

Link zur zugehörigen Diskussion auf DSO

Danke an die DSO-User Eurocity341, safadino, Mani940 sowie Christian Lennartz für die ergänzenden Unterlagen und Informationen!

Stand: 23.7.2013

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