Zur Theorie der Bewegungspause

 

Der Unialltag gestaltet sich bei den meisten Studenten ähnlich – langes Sitzen in Vorlesungen und Seminaren und wenig körperliche Betätigung.

Die Idee des Projektes „Bewegung in den Lehrveranstaltungen“ besteht darin, den Konzentrationsdefiziten, die durch den Bewegungsmangel hervorgerufenen werden, entgegenzuwirken. Dies geschieht durch die Förderung der körperlichen und geistigen Aktivität der Studenten und Studentinnen. Einige wissenschaftliche Faktoren sprechen für ein gesteigertes Lernniveau, sobald man das dauerhafte Sitzen durch gezielte Bewegungsgestaltung unterbricht.

Bewegung kommt sowohl im Unterricht, als auch im Studienverlauf häufig zu kurz obwohl sie einen großen Einfluss auf die Lernbereitschaft und die zu erbringende Leistung hat. Sie führt zu einer verbesserten Informationsverarbeitung, einer gesteigerten Wahrnehmung, zur Verhinderung von Müdigkeitszuständen, Steigerung der Durchblutung des Gehirns und dadurch zu effektiverem Lernen.[1]

Aufgrund der langen Vorlesungszeiten lässt die Motivation der Studenten schnell nach und die Leistungsfähigkeit wird eingeschränkt. Bei der Feststellung der Konzentrationsfähigkeit hat sich herausgestellt, dass diese 20-30 Minuten aktiv aufrecht erhalten werden kann und anschließend ein starkes Leistungsgefälle eintritt.[2]

Durch aktivierende Bewegungspausen kann man dem entgegenwirken und die Lernbereitschaft, als auch die Lernergebnisse steigern. Man kann den Seminarverlauf rhythmisieren, dass heißt einen Wechsel zwischen statischen und dynamischen Phasen einbauen. In den statischen Phasen besteht die Aufgabe der Studenten darin, zuzuhören und möglichst leise dem Geschehen zu Folgen um viele Informationen aufnehmen zu können. Die dynamische Phase besteht aus Bewegungspausen, in denen die Studenten sich auflockern und ihre verbrauchte Konzentrationsfähigkeit „erneuern“. In einigen wissenschaftlichen Studien, wie auch in den 44 Studien von Sibley und Etnier (2003) konnte gezeigt werden, dass die Konzentrationsfähigkeit durch gezielte Bewegung gesteigert werden kann.[3]

Budde et al führten Untersuchungen zu dem Zusammenhang von koordinativen Sporteinheiten auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Die Studie befasste sich mit Jugendlichen von 13-16 Jahren. Diese sollten in einer Einheit von zehn Minuten Koordinationsübungen im Stationsbetrieb ausüben. In der späteren Analyse wurde ermittelt, dass eine verbesserte kognitive Leistung nach dem Stationsbetrieb vorlag. Dis wurde im Vergleich zu einer Schülergruppe die an einer nicht koordinativ ausgelegten Sportstunde teilgenommen hatten betrachtet. Ein beachtenswerter Punkt des Ergebnisses ist, dass dort keine markanten Unterschiede in der Ausdauerbelastung lagen und somit die Koordination als Einflussfaktor herausgefiltert werden kann. Als Fazit der Studie lässt sich sagen, dass kurze Bewegungspausen (bei Budde zehn minütige) förderlich für die Konzentrationsleistung sind.[4]

 

Wie genau wirken sich die Koordinationsleistungen auf die Gehirntätigkeiten der Kinder aus?

 

 Bei einfachen Übungen, werden weniger Gehirnbereiche aktiviert. Dort werden vor allem der prämotorische Kortex, das Kleinhirn und die Basalganglien aktiviert und verstärkt durchblutet. Bei komplexeren Übungen wird zusätzlich der präfrontale Kortex aktiviert, was auf eine erhöhte Konzentrations- und Aufmerksamkeitstätigkeit schließen lässt. Die Hirnaktivitäten, die bereits bei den einfacheren Übungen beansprucht werden, werden durch kognitiv anspruchsvolle Bewegungen noch stärker aktiviert. Somit hängt der koordinative Anspruch der Übungen mit dem Niveau der kognitiven Leistungssteigerung zusammen.[5]

 

„Untersuchungen des Sportmediziners Prof. Dr. Wildor Hollmann an der Deutschen Sporthochschule Köln, bei denen die Teilnehmer auf dem Fahrradergometer einer Belastung von 25 bis 100 Watt ausgesetzt waren, zeigen Durchblutungssteigerungen in bestimmten Hirnregionen um bis zu 30 Prozent.“[6]

 

Durch die Durchblutungssteigerung in den betroffenen Gehirnregionen, wird das Gehirn in den aktivierten Bereichen mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, welche durch das Blut abgegeben werden. Dies führt sowohl zu einer gesteigerten Konzentrationsfähigkeit, als auch zu einem Abbau von Stresshormonen.[7]

In einer Kölner Pilotstudie wurden die genauen Hirnaktivitäten in einer kurzen Bewegungspause auf einem Fahrradergometer durch EEG-Kappen ermittelt und analysiert. Die Ergebnisse zeigten eine gesteigerte tonische elektrische Grundaktivität in sensorischen Arealen durch Anstieg der -Aktivität, wie dem Proconeus, einem medialen Hirnanteil. Dieser dient Aufmerksamkeitsprozessen und bewussten Körperkonzepten. Somit wird in dem Ergebnis ermittelt, dass sich der Bewegungsdrang durch kurze sportliche Aktivitäten reduziert und die Konzentration gesteigert wird.[8]

Insgesamt kann man sagen, dass sich die bewegten Pausen sowohl für die Studierenden, als auch für die Dozenten positiv auswirken, da ein gesteigerter Lerneffekt für beide Seiten profitabel ist.

Daher haben wir eine gezielte Auswahl an Übungen zusammengestellt, die sowohl kreislaufaktivierend, als auch gehirnaktivierend sind und somit die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Zuhörer steigern. Die Einbringung dieser wirkt sich auf die Qualität des Lernklimas und somit auf die durchzuführenden Lehreinheiten positiv aus. Sie stellen also keine verlorene Lernzeit dar, sondern steigern das Lernprodukt als Ganzes.

Wann und wie genau sie diese Übungen einsetzen ist ganz ihrem eigenen Gespür überlassen, sie können spontan handeln, wenn sie feststellen, dass Unruhe und Unlust entsteht, oder die „Bewegungsphasen“ gezielt in ihren Vortragsverlauf/Seminarverlauf einbauen, wenn es von vorn herein abschätzbar ist, wie lang die Frontalphasen sein werden.

 

 

 Literatur

[1]Vgl. http://www.bildung-lsa.de/files/339045b0acf5a53bb48cee863e24bd93/Bewegung_im_Unterricht.pdf, 24.11.2014

[2] Vgl. http://www.schule-bw.de/lehrkraefte/beratung/suchtvorbeugung/informationsdienst/info18/I1826Haerdt_E.pdf,  

24.11.2014

[3] Vgl. https://peandhealth.wikispaces.com/file/view/Sibley+and+Etnier+2003.pdf, 05.01.2015

[4] Windisch, C./ Voelcker-Rehage, C./ Budde, H.: Förderung der geistigen Fitness bei Schülerinnen und Schülern durch koordinative Übungen. In: Sportunterricht (2011), Nr. 10, S.308

[5] EBD, S.309

[6] Buuck, S./ Voll, S.: Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit durch Bewegung. Modellprojekt Bewegung zur kognitiven

   Aktivierung (BekoAkt) an bayrischen Schulen. Schulsport AL 30, Köln, Wolters Kluwer

[7] Vgl. http://www.dslv-bayern.de/cms/front_content.php?idcat=7&idart=21, 05.01.2015

[8] Schneider, S./Guardiera, P.:Bildung braucht Bewegung – neurophysiologische Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und Lernleistung im Schulalltag. In: Sportwissenschaft, Nr. 10, S.317 f.