27. März 15 – Berliner Boulevardzeitungen veröffentlichten heute Fotos von dem vermeintlichen Täter, der 150 Personen absichtlich in den Tod gerissen haben soll. Das Gesicht vom Co-Piloten Andreas L. ist nicht unkenntlich gemacht. Auch der komplette Name wurde abgedruckt. „Ein sehr zweischneidiges Schwert,“ sagt ein Insider, der bei einer bekannten Berliner Boulevardzeitung arbeitet. Rechtlich ist dieses Verfahren mehr als bedenklich, denn Personen sind vor öffentlicher Abbildung durch das Recht am eigenen Bild gesetzlich geschützt. Im Todesfall entscheiden die nächsten Angehörigen über die Freigabe von Bildmaterial.
Besonders eng gefasst wird das Gesetzt im Klagefall, wenn mit einer Veröffentlichung eine Negativberichterstattung einhergeht und dementsprechende Konsequenzen für den Abgebildeten oder dessen näheres Umfeld zu erwarten sind. Noch Problematischer wird es, wenn ohne eine gerichtliche Entscheidung Schuldzuweisungen und Vorverurteilungen ausgesprochen werden
Gibt es Ausnahmen?
Das Gesetzt lässt für die verantwortliche Redaktion nur die Möglichkeit zu, das Foto als „Bildniss aus dem Bereiche der Zeitgeschichte“ zu deklarieren. Damit ist gemeint, dass „weltbewegende“ Ereignisse und die damit maßgeblich verbundenen Persönlichkeiten frei abgebildet und benannt werden dürfen. „Dieses Ereignis geht gerade um die ganze Welt“, erklärte der Presseinsider gegenüber SKK.
„Witwenschütteln“
Richtig wohl ist ihm bei seiner Erklärung auch nicht, denn er weiß, dass die Pressehatz auf das erste Foto, die intimsten Hintergründe, Wohnorte und Aufenthaltspunkte eines Verdächtigen von der Presse gnadenlos aufgedeckt werden.
Heute meldete sich ein Mitglied des Flugvereins bei dem Co-Pilot Andreas L. Im Alter von 16 Jahren seinen ersten Segelflugschein machte. Sie würden bedroht sagte er vor laufender Kamera.
„Witwenschütteln“, wird im Pressejargon der run auf Hinterbliebene genannt. Der Boulevard-Redakteur, der ein Foto und wenige Worte unter Tränen hervorgebracht „nach Hause“ bringt ist „The Best“.
Der Mensch braucht einen Schuldigen
Abgedeckt wird diese Radikalität im Umgang mit gravierenden Ereignissen von der Leserschaft, die ein begründetes Interesse daran hat, sich ein möglichst genaues Bild von den manchmal unerklärlichen Hintergründen eines Verbrechens machen will. „Erst wenn ein Schuldiger gefunden ist, kann die Verarbeitung und die eigentliche Trauerarbeit bei den Hinterbliebenen beginnen“, berichtete Prof. Thomas Schläpfer, leitender Oberarzt und Psychater an der Uniklinik Bonn, in einem Interview auf Phoenix. So funktioniere nun einmal der Mensch und nicht anders.